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Erst mal nicht mehr so große Trauer

Das Waller Zentrum für trauernde Kinder ist noch nicht übern Berg, aber erst mal für ein halbes Jahr gerettet. Alles begann mit einem Artikel in der taz, jetzt fließen die Spenden für das Bremer Modellprojekt

Es hatte alles verdammt düster ausgesehen am ersten Ort in Deutschland, an dem seit Jahren ein großes Tabu der Kindererziehung gebrochen wird: dem Zentrum für trauende Kinder in Walle.

Bis 1999 gab es keine professionelle Anlaufstelle für Kinder, wenn Vater, Mutter, Geschwister, Angehörige oder Freunde sterben. Dann gründete die Sozialpädagogin Beate Alefeld das Zentrum für trauernde Kinder. Sie hatte das Konzept aus den USA mitgebracht. Heute gibt es nach Bremer Vorbild Trauerzentren in Berlin, München und Bergisch Gladbach.

Dem Bremer Projekt drohte lange das Aus, als Alefelds ABM-Stelle im September auslief und eine neue nicht in Sicht war. Auch die Politik winkte angesichts knapper Kassen ab: Hinter vorgehaltener Hand hieß es, es gebe so viele „gute“ Initiativen wie die Trauergruppe: „Da könnten wir fast täglich jemanden retten.“

Im Februar sollte deshalb Schluss sein mit der Betreuung der 30 Kinder, die den Verlust von Angehörigen zu verkraften haben.

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Gut einen Monat, nachdem die taz bremen fragte „Bald Trauer um die Trauergruppe?“, scheint das Projekt jetzt vorerst gerettet. Weitere Berichte in den Medien folgten, die Trauergruppler stellten sich samt ihrem zwei Meter großen Maskottchen, dem Clown Anton, in die Bremer Fußgängerzone und verteilten Flugblätter mit Spendenaufrufen: „Wir suchen Engel.“

Die Resonanz war groß. Am Freitag spendete das Kindertagesheim Humboldtstraße 1.000 Euro an das Trauerzentrum, die bei einem Weihnachtsbasar zusammengekommen waren. Worpsweder Geschäftsleute sammeln bereits die gesamte Adventszeit, zuletzt bei einem Benefizkonzert mit Berliner Chansons.

Auch „kleine“ Spenden freuen die Trauerkinder: Der Fanclub Werder gab, ebenso ein Bremer Kanuverein. Oder zuletzt die 70 Euro von der Stiftung Alteneichen. Auch die Aktion in der Fuzo hatte Resonanz: Immerhin erklärten sich einige Passanten bereit, eine „Patenschaft“ zu übernehmen. Aber nur viele dauerhaft fließende Beträge zwischen zehn und 50 Euro im Monat wären das echte Überlebenselexier für die Trauergruppe.

Die endgültige Rettung ist also noch nicht in Sicht. Alefeld sagt trotzdem: „Ich bin echt beeindruckt von den Spenden“ und schätzt, dass bis nach Weihnachten zwischen 4.000 und 5.000 Euro beisammen sind. „Das reicht zunächst, um das Zentrum für ein halbes Jahr weiterzuführen.“ Alefeld arbeitet dann jedoch nur noch als Honorarkraft, Einzelberatungen für schlimme Fälle wird es nicht mehr geben können.

Dennoch haben sie, ihre 16 ehrenamtlichen Helfer und die Kinder Hoffnung, die Einrichtung auch nach dem Sommer weiterführen zu können.

Immer noch sind viele Bittbriefe unbeantwortet. Marco Bode hat sich noch nicht gemeldet, Herbert Grönemeyer auch noch nicht. Weiter plant Alefeld, einen Förderantrag bei der „Aktion Mensch“ zu stellen, die jetzt auch Nichtbehinderte unterstützt.

Außerdem ist im Februar ein „Benefiz-Haareschneiden“ in Schwachhausen geplant, bei dem selbstgemalte Bilder der Kinder versteigert werden sollen. Und, so Alefeld: „Weitere Aktionen werden folgen“. ksc

Zentrum für trauende Kinder e.V., Brahmsstr. 22. Telefon: 34 36 68.

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