Neue Steuer für Reiche

Sigmar Gabriel will von den Studierenden Geld verlangen – nach dem Examen und nur wenn sie erfolgreich sind

BERLIN taz ■ Einen Weihnachtsmann dieses Formats kann man sich als Studentenfunktionär nur wünschen. Wenige Tage bevor revolutionäre Asta-Menschen zu Mami und Papi reisen, hat Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel den Stoff für hitzige Debatten beim Gänsebraten geliefert. Gabriel fragte, was dagegen spreche, „nachgelagerte Studiengebühren“ zu verlangen: „Wenn der examinierte Student seinen Job hat, zahlt er.“

Gabriels Modell hat den giftigen Charme, dass es Studivertretern nicht so leicht fällt, ihre Argumentationskette dagegen in Stellung zu bringen: dass Studiengebühren Jobber am Studieren hindern, dass sie die Kinder armer Leute vom Studium abschrecken, kurz, dass sie unsozial sind. Studierende müssten nach Gabriels Konzept ihre Beiträge für ein Studium erst hinterher abliefern – und nur wenn sie erfolgreich sind.

Die Studis empörten sich dennoch. Klemens Himpele vom „Aktionsbündnis gegen Studiengebühren“ (ABS) sieht eine „sattsam bekannte Reihenfolge“ bei der Diskussion. „Erst meldet sich jemand aus Baden-Württemberg zu Wort, dann folgen die sozialdemokratischen Tabubrecher aus Niedersachsen.“ In Stuttgart war bereits vor Wochen ein Auftrag ans dortige Wissenschaftsministerium ergangen, die Einführung der „nachgelagerten Gebühren“ zu prüfen. Himpele kritisierte, dass die Gebühr rein fiskalischen Ursprungs sei. Baden-Württemberg fehlen Steuereinnahmen, daher lässt Ministerpräsidenten Erwin Teufel (CDU) die Gebühren testen. In Niedersachsen ist es ähnlich.

Für nachgelagerte Studiengebühren gibt es den Präzedenzfall Australien. Dort wurden Ende der 80er-Jahre Unigebühren eingeführt – von einer Labour-Regierung, also von Sozialdemokraten. Das Soziale am australischen Modell ist, dass Studis ihre Studienschulden stunden lassen können, um sie erst mit Examen und Job zu entrichten. Das Modell gilt jedoch nicht allein Gebührenfans als Argumentationshilfe, sondern auch ihren Gegnern. Mittlerweile hätten sich die Bezahlungsmodalitäten dort so geändert, „dass nur Absolventen mit dem Einkommensniveau von Sozialhilfeempfängern nichts bezahlen müssen“, berichtet Heiner Fechner vom „freien zusammenschluß der studierendenschaften“.

Auch bei den Jusos hat Gabriels Vorstoß zu Bauchgrimmen geführt. Auf den Parteitagen bringe der SPD-Nachwuchs immer wieder Mehrheiten gegen Studiengebühren zustande, sagt Klemens Himpele, der selbst Juso ist. „Die Führungseliten meiner Partei scheint das aber wenig zu interessieren.“

CHRISTIAN FÜLLER