piwik no script img

Kein rosa Jahr

GAL-Politiker kritisiert Schwulenpolitik des Senats und greift Bürgermeister Ole von Beust scharf an

Der einzige offen schwule Bürgerschaftsabgeordnete, Farid Müller (GAL), macht aus seiner Enttäuschung keinen Hehl. Es sei „kein gutes Jahr für Schwule und Lesben“ gewesen. In seinem Jahresfazit attackiert Müller, der auch Vizepräsident der Bürgerschaft ist, insbesondere Bürgermeister Ole von Beust und Justizsenator Roger Kusch (beide CDU) scharf.

„Von der in der Regierungserklärung von Beusts erwähnten Akzeptanz gegenüber Minderheiten ist in der Tagespolitik nichts geblieben“, sagt Müller. Er verweist auf die Haushaltskürzungen bei Aids-Projekten und beim Junglesbenzentrum im Frühjahr sowie auf die Blockade des Lebenspartnerschaftsgesetzes im Rechtsausschuss der Bürgerschaft. Auch Hamburgs Nein im Bundesrat zur Entschädigung schwuler NS-Opfer gehört für Müller in diese Reihe. All dies „treffe das schwule Selbstverständnis der Stadt“: Immerhin leben in Hamburg 200.000 Homosexuelle, schätzt der GAL-Abgeordnete.

Müller kreidet dem Bürgermeister zudem dessen Fernbleiben vom Christopher Street Day im Juni an. Von Beust hatte das damit begründet, dass er nicht eingeladen gewesen sei. Dies habe jedoch auch für von Beust Vorgänger Ortwin Runde (SPD) gegolten, kontert Müller, der trotzdem zum CSD erschien. Der GALier vermutet, dass der Bürgermeister die Nichteinladung nur als Vorwand genutzt habe, um sich nicht zu der Veranstaltung bekennen zu müssen. Müller: „Dafür amüsierte sich Justizsenator Kusch auf dem CSD in Köln.“

Zwar war von Beust Anfang Dezember auf der Big Spender-Party zugunsten von Aids-Projekten als Schirmherr aufgetreten, aber an den Kürzungen bei der Aids-Prävention sei nichts zurückgenommen worden. „Außer schönen Worten nichts gewesen“, kommentiert die GAL.

Scharf greift Müller auch den Schill-Abgeordneten Wolfgang Barth-Völkel an. Mit seiner Forderung nach Internierungslagern für Aids-infizierte Einwanderer habe er „den ohnehin lädierten Ruf der Stadt von Liberalität und Weltoffenheit weiter geschädigt“. PETER AHRENS

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen