: Walk on the wild side
Auch unterwegs kommt man immer mal wieder wo an: Leonid Soybelman wandert grenzverschiebend zwischen den musikalischen Welten
Könnte man im ersten Moment musikalische Heimatlosigkeit vermuten. Als ob dieser Leonid Soybelman in einem fort getrieben wäre. Kurz wiegt er den herzwehen Schlager „Walk on by“ von Burt Bacharach in seiner Gitarre, um im nächsten Moment sein Instrument zur veritablen Krachmaschine zu formen, nur kreischendes Feedback. Klezmer hilft er mit Punk auf die Füße, und als man seinen Namen so Ende der Achtziger zum ersten Mal mit Ne Zhdali im Westen hörte, hat er gerade ganz nebenher das doch arg zerzauste Modell Avantgarderock gerettet. Ein verzetteltes Heimatanschriftensystem also, aber ein Hobo wohnt eben in der Welt. Wenn man Leonid Soybelman genauer zuhört, stellt man schon fest, dass da alles miteinander zusammenhängt (selbst die Sackgassen), auf der durchwanderten Landkarte, die ihn, den Russen aus Estland, über die Schweiz und sonstwo längst nach Berlin geführt hat. Scheint nur, dass man hier noch gar nicht so recht mitbekommen hat, dass da ein Gitarrist sitzt, der in der Weltliga spielt. Da, wo sonst Leute wie Marc Ribot, Eugene Chadbourne oder Elliott Sharp den improvisierten Ton angeben. Und ganz eigenwillig spielt Leonid Soybelman heute im Acud einfach mal Lieder.
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