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Kommentar BürgerkontoErklärungen sind nicht genug

Kommentar von Svenja Bergt

Die Sparkassen wollen jetzt jedem und jeder ein Konto zur Verfügung stellen. Was gut klingt, ist aber leider nicht ausreichend.

E gal ob es darum geht, eine Wohnung zu mieten, einen Internetanschluss zu bestellen oder ein Zeitungsabo abzuschließen – wer ohne Konto lebt, hat es schwer. Erstaunte Nachfragen sind noch die harmloseste Reaktion auf die Frage, ob man nicht bar zahlen könne, bedauerndes Kopfschütteln oder glatte Ablehnung der Normalfall. Weil Bareinzahlungen bei der Bank teuer sind, hilft sich, wer kann, mit einem Trick – und nutzt das Konto von Bekannten mit.

In dieser Situation klingt es ehrenwert, dass die Sparkassen ankündigen, künftig wirklich jedem und jeder ein Konto zur Verfügung stellen zu wollen. Allein: Warum die Sparkassen gerade jetzt damit kommen, ist allzu durchsichtig. Ihnen wäre es sicher recht, wenn klappt, was schon in den 90ern funktioniert hat.

Damals wehrten die Kreditinstitute eine gesetzliche Regelung mit einer Selbstverpflichtung ab. Derzeit ist die Lage ähnlich: Die EU-Kommission will ein Recht auf Konto für alle. Und die Kreditinstitute wehren sich, weil sie keine Lust auf Kunden haben, die mutmaßlich mehr kosten, als sie Geld bringen.

Svenja Bergt

ist Redakteurin im Ressort Wirtschaft & Umwelt der taz.

Dazu passt, dass die Erklärung der Sparkassen in der Praxis kaum etwas ändern wird. Schon die vorhandene Selbstverpflichtung sieht schließlich vor, dass es nur in Ausnahmefällen kein Konto geben soll. Trotzdem leben in Deutschland Hunderttausende unfreiwillig kontolos. Auch die neue Erklärung bietet wieder Schlupflöcher für eine Absage.

Helfen würde daher allein ein gesetzlich verankertes Recht auf ein Guthabenkonto für jeden. Dazu sollten im Übrigen nicht nur die Sparkassen verpflichtet werden, sondern auch die Privatbanken. Und, um zu vermeiden, dass die Nutzung für Betroffene unerschwinglich wird: Eine Deckelung der teilweise unverschämten Gebühren für Guthabenkonten ließe sich dabei gleich mit regeln.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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9 Kommentare

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  • F
    Frank

    Uni ich fordere kostenfreie Tageszeitungen, jede Woche einen neuen BMW & einen Porsche umsonst, auch einen kostnfreien Audi würde ich nicht ablehnen ... und natürlich Essen und Trinken immer und überall frei Haus ...

  • A
    Arne

    Ich weiß gar nicht, wo das Problem konkret liegen soll.

    Bis es diese unseelige EZB gab, sah das Bundesbankgesetz vor, dass diese eine Kontoführungspflicht für jedermann auf Guthabenbasis anbieten muss. Dies ist geändert worden ohne dass der § 3 des Bundesbankgesetzes, der diese verpflichtet, den Zahlungsverkehr mit dem In- und Ausland sicherzustellen. Mittlerweile macht sie dies nur noch für Banken, was rechtlich mehr als bedenklich ist.

    Ggf. die Bundesbank anschreiben, ein Konto beantragen und bei ablehnenden Bescheid Widerspruch und dann klagen.

  • N
    Nachtschicht

    Solange es kein gesetzliches "Recht auf ein Konto" gibt, fordere ich ein generelles "Recht auf Barzahlung".

    BARgeld ist (immer noch) ein gesetzliches Zahlungsmittel und darf für alle(!) Zahlungvorgänge verwendet werden. Wer Bargeld als Zahlungsmittel verweigert handelt rechtswidrig.

  • R
    Rey

    Bürgerkonto ein alter Hut mit neuen Namen.

     

    Versprechen um einem zwingenden Gesetzt wie in Frankreich oder Belgien geschickt aus zu weichen.

     

    Alles fauler Zauber.

  • F
    Fridolin

    Es kann ja jedem mal passieren, daß man mit dem Bus fahren will, aber nur einen Fünfziger-Schein dabei hat. Mal eben schnell in irgendeiner Bank wechseln? "Äh, nee, tut mir leid, also wenn Sie bei uns kein Konto haben..." So kürzlich geschehen bei der Hypo-Vereinsbank. Auch mein Hinweis, daß ich als Gegenleistung die Bank ja womöglich auch mit meinen Steuergeldern rette, falls es ihr mal schlecht gehen sollte, half nicht.

  • X
    xyz
  • L
    Lustig

    Bareinzahlungen bei der Bank?

     

    Ich bin seit 32 Jahren Kunde bei derselben Sparkasse. Leider ist sie 150 km vom Ort entfernt, wo ich wohne. Eifel, Nähe Gerolstein. Nun wollte ich hier eine Barüberweisung tätigen.

     

    Dies geht aber nicht, eigentlich ein Witz. Sowohl in Gerolstein als auch bei einer Filiale im Nachbarort Birresborn wurde mir gesagt, Überweisungen für "Fremdkunden" werden seit drei Monaten nicht mehr getätigt. Erklären konnte man es aber nicht.

    Nochmal: Ich habe 32 Jahre ohne Fehl und Tadel ein Girokto. bei einer Sparkasse. Das soll mir mal der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) erläutern. Soviel zur Kundenfreundlichkeit, ach ne, sry, ich bin ja "Fremdkunde"

     

    LOL, LG, schönes WE

  • SS
    Svetozar Schnuckelberger

    Ein Girokonto auf Guthabenbasis ist letztlich ein Sozialleistung und sollten daher allein von staatlichen Banken (hier den Sparkassen) zu gewähren sein. Da Sparkassen eine kommunale Einrichtung, die allen Einwohnern der Gemeinde zur Verfügung zu stehen hat, ergibt sich der Anspruch auf ein Girokonto auf Guthabenbasis bei der örtlich zuständigen Sparkassen sowieso seit jeher aus dem Kommunalrecht.

  • R
    Robert

    Aha-die Eu will ,nötigenfalls, per Gesetz die Sparkassen zwingen, jedermann ein Konto zur Verfügung zu stellen. Interessant.

    Dann könnte -wenn das notfalls gesetzlich in der Richtung geht gegenüber einem Geldinstitut - ein Gesetzgeber doch auch in der anderen Richtung ,im Notfall, gesetzlich vorschreiben das auch ein Recht des Einzelnen besteht, seine fünf oder sieben monatlichen Zahlungen BAR zu leisten,BAR einzuzahlen und eine solche Bareinzahlung sich preislich NICHT von einer Überweisung -für die man ja ein Konto braucht- unterscheiden darf.(Immerhin nimmt ein Geldinstitut das BARGELD ja im Moment der Einzahlung auch ein,kann darüber verfügen.)Das würde natürlich bedeuten , dass Arbeitgeber und im Falle des Erhaltes von Transferleistungen der Bürger das Recht haben muß, sein Gehalt,seinen Lohn seine Tranferzahlung BAR zu erhalten.

     

    Und auch die Vermieter, die Versicherungen, die Telefongesellschaften usw. müßten natürlich verpflichtet werden, ihren in den Verträgen eingebauten Zwang zur Abbuchungserlaubnis abzuschaffen und ein Recht des Kunden akzeptieren müssen, das vom Kunden jeweil durchgeführte Überweisen von seinem Konto auf deren Konto bzw. die Bareinzahlung auf deren Konto zu dulden!

     

    Also kurz was die barzahlung beträfe: Wiedereinführung der Lohntüte und Wiederbeleben des Bargeldverkehrs. Gerade bei kleinen Leuten mit geringen Einkommen und logischerweise überschaubaren Zahlungsverpflichtungen wäre doch die Möglichkeit zum Bargeldverkehr ideal. (GERADE wenn man diesem Personenkreis unterstellen möchte, schlechter mit Geld umzugehen als bessergestellte Normalmenschen. GERADE dann wäre es ja sinnvoller, denen nur Bargeld in die hand zu geben-damit sie keine Schulden machen.)

     

    Weshalb geht das eine -Kontozwang ,notfalls per Gesetz,resp. EU-Verordnung- und das andere,das Recht auf kostenneutralen Bargeldverkehr, nicht in ebenso kostengünstiger Weise ,teils gar nicht wegen Abbuchungserlaubnisverpflichtungen ,Lohnzahlungen auf Konto usw.?

     

    Zu den Konten:

    Hier steckt der Teufel im Detail.

    Was ist mit Zinsen, Überziehungszinsen, Differenzen in zeitl. Hinsicht bei Überweisung vom und auf ein Konto,Gebühren,Kontoüberziehungszinsen, samstägl. Schließung der Kassen-dem einzigen Tag an dem viele Berufstätige überhaupt zur Kasse kommen, ausgedünntes Personal in den Filialen usw.usw..

    Was ist mkit mündl. "Werbeunterbrechungen" in Kassen jeder Art beim Abwickeln von Geldgeschäften?

     

    Ist das alles seriös, ist das normal, ist das legal?