Rassismus in den USA: Polizeigewalt und Gedenken
Erneut stirbt ein junger Schwarzer nach Polizeischüssen. US-Präsident Obama mahnt unterdessen bei einer Gedenkveranstaltung den Rassismus im Land an.
MADISON/SELMA dpa | Nach tödlichen Schüssen auf einen jungen Schwarzen haben in der US-Stadt Madison (Wisconsin) Dutzende Menschen gegen Polizeigewalt demonstriert. Ein Beamter habe den 19-Jährigen in einer Wohnung erschossen, nachdem er von ihm attackiert worden sei, zitierte der Sender CNN den örtlichen Polizeichef Mike Koval.
Den Angaben zufolge hatte die Polizei am Freitagabend (Ortszeit) einen Hinweis erhalten, nach dem sich ein der Körperverletzung verdächtigter junger Mann in einer bestimmten Wohnung aufhalte. Bereits zuvor sei ein anderer Anruf eingegangen, demzufolge dieselbe Person zwischen fahrenden Autos hin- und herlaufe. Als ein Beamter die Wohnung aufgesucht habe, sei er von dem Mann angegriffen worden und habe geschossen. Medienberichten zufolge war der Afroamerikaner nicht bewaffnet.
Die US-Polizei ist in den vergangenen Monaten wiederholt wegen mutmaßlicher exzessiver Gewalt und Diskriminierung gegen Schwarze in die Schlagzeilen geraten. Erst vor wenigen Tagen hatte das Justizministerium notorische schwere Missstände im Umgang mit Afroamerikanern in Ferguson (Missouri) angeprangert. Hier war im Sommer 2014 der unbewaffnete schwarze Jugendliche Michael Brown von einem weißen Polizisten erschossen worden. Der Tod hatte schwere Proteste ausgelöst.
Unterdessen nahm US-Präsident Barack Obama in Selma am Gedenken an den „Blutigen Sonntag“ vor 50 Jahren teil. Er sehe große Fortschritte bei den Bürgerrechten für alle Amerikaner in den vergangenen 50 Jahren. „Aber der Marsch ist noch nicht vorbei, das Rennen ist nicht gewonnen“, sagte Obama am Samstag in Selma (Bundesstaat Alabama).
Am 7. März 1965 hatten Polizisten einen geplanten Protestmarsch für die Rechte der schwarzen Bevölkerung von Selma nach Montgomery mit Knüppeln und Tränengas verhindert. Das brutale Vorgehen rüttelte die Nation auf und führte Monate später zu einem Wahlrechtsgesetz, in dessen Folge sich Millionen Schwarze erstmals als Wähler registrieren lassen konnten.
Obama sprach vor Zehntausenden Menschen an der Edmund-Pettus-Brücke, auf der damals die Demonstranten gewaltsam gestoppt worden waren. In der leidenschaftlichen Rede ging er auch auf die jüngsten Vorwürfe polizeilicher Diskriminierungen und exzessiver Gewalt gegen Schwarze ein, so in Ferguson. Man brauche nicht den jüngsten kritischen Bericht des Justizministeriums über die Zustände in Ferguson zu lesen, um zu wissen, „dass die rassistische Geschichte dieser Nation weiter einen langen Schatten wirft“, sagte Obama.
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