Beitragsservice der Öffentlich-Rechtlichen: Auf der Suche nach den Nichtzahlern
Der Beitragsservice bekommt umfassenden Zugriff auf alle Melderegister. Und gleicht die Meldedaten mit ihrer eigenen Datenbank ab.
Entscheidend ist die Datenlage am 6. Mai 2018 um Mitternacht. Dann „frieren“ die Einwohnermeldeämter ihre Datenbestände ein und schicken sie an die Institution, die früher mal GEZ hieß, inzwischen aber als „Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio“ firmiert.
Die Kölner Einreichung gleicht die Meldedaten aus der gesamten Republik mit ihrer eigenen Datenbank ab. Das Ziel: Haushalte identifizieren, die dem Beitragsservice in den vergangenen Jahren durch die Lappen gegangen sind.
„Ohne den diesjährigen Meldedatenabgleich würde der Bestand der beitragspflichtigen Wohnungen kontinuierlich zurückgehen“, erklärte ein Sprecher des Beitragsservices der taz. Die Rechnung: Weniger Haushalte gleich weniger Beiträge. Der flächendeckende Datenabgleich trage daher „zur Beitragsgerechtigkeit und zur Sicherung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ bei.
Für ein besseres Image
Anders als bei der Rundfunkgebühr wird der Rundfunkbeitrag nicht pro Person, sondern pro Haushalt fällig. Zahlt einer, können sich MitbewohnerInnen befreien lassen – Familien und Singles, die sich mit anderen eine Wohnung teilen, sind im Vorteil. Bei Aus- und Umzügen mit neuen Konstellationen kann dieses System aber durcheinander kommen – vor allem, wenn dabei jemand „vergisst“, sich sauber zu melden. In „No GEZ“-Foren brüstet sich manch einer damit, das System überlistet zu haben.
Mit der Umstellung auf den Beitrag wurden der Außendienst der einstigen GEZ abgeschafft, der Klingelschilder ablas und für die Suche nach SchwarzseherInnen auch vorstellig wurde – bisweilen auch mit erstaunlicher Penetranz. Außerdem darf der Beitragsservice keine Adressen mehr bei Händlern wie der Bertelsmann-Tochter Arvato anmieten, um nach Lücken in seiner Datenbank zu fahnden. Letztlich soll das – wie das Label einer Serviceagentur – für ein besseres Image sorgen.
Dass der Beitragsservice nun umfassenden Zugriff auf die Melderegister bekommt, haben die Länder entschieden. Es ist zunächst nur ein einmaliger Abgleich – wenn auch streng genommen zum zweiten Mal: Zur Systemumstellung konnte der Beitragsservice seinen Bestand schon einmal optimieren. Anschließend hatte er mit 39,4 Millionen Wohnungen etwa drei Millionen Wohnungen mehr erfasst. Heute sind es wieder 300.000 weniger. Beim Beitragsservice heißt es, man wolle „diesem Trend entgegenwirken“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit