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Kommentar Einigung mit IranKooperation zwischen den Fronten

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Die USA und der Iran haben ihre Feindschaft überwunden. Das öffnet eine Tür für die Beilegung diverser Konflikte im Nahen Osten.

Die Bedrohung durch den bisherigen Feind USA ist in Zukunft vielleicht nur noch ein Papiertiger. Foto: reuters

D as Abkommen über das iranische Nuklearprogramm nach insgesamt über zwölfjährigen Verhandlungen ist ein großer historischer Durchbruch. Das Abkommen unterwirft die Nutzung der nuklearen Technologie im Iran für die lange Laufzeit von 25 Jahren sehr weitreichenden Beschränkungen und internationalen Kontrollen. Damit ist sichergestellt, dass Teheran zumindest im nächsten Vierteljahrhundert kein geheimes Programm zur Entwicklung von Atomwaffen betreiben kann. Zugleich befreit die schrittweise Aufhebung der Sanktionen den Iran aus seiner internationalen Isolation.

Der Durchbruch von Wien wurde möglich, weil sich in den politischen Eliten der beiden Hauptkontrahenten USA und Iran endlich diejenigen Kräfte durchgesetzt haben, die die seit der Islamischen Revolution von 1979 herrschende tiefe Feindschaft zwischen beiden Ländern überwinden wollen. Weil sie wissen, dass die Normalisierung der Beziehungen zwischen der Noch-Weltmacht und der in vielerlei Hinsicht wichtigsten Regionalmacht im konflikt- und ressourcenreichen Dreieck Naher Osten, Kaukasus, Zentralasien im wohlverstandenen Eigeninteresse beider Seiten ist.

Das Nuklearabkommen öffnet zumindest die Tür für eine Kooperation zwischen Washington und Teheran bei der Deeskalation und Beilegung diverser Konflikte in dieser Weltregion. Noch ist das Abkommen allerdings nicht in trockenen Tüchern. Der israelische Premierminister Netanjahu und republikanische Fundamentalgegner jeglicher Vereinbarung mit Iran im US-Kongress haben für die nächsten zwei Monate bereits „die Mutter aller Lobbyschlachten“ angekündigt, um das Nuklearabkommen noch zu Fall zu bringen.

Massive Unterstützung werden sie von dem saudischen Königshausdiktatur erhalten, die für den Fall einer Normalisierung zwischen den USA und Iran um ihre privilegierten Beziehungen zu Washington fürchtet. Und auch die Hardliner im Iran werden versuchen, das Abkommen noch zu torpedieren. Sollten die vereinten Gegner des Nukleardeals Erfolg haben, droht der Region des Nahen/Mittleren Osten noch mehr Destabilisierung und Krieg.

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Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.
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9 Kommentare

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  • Ein positiver Schritt in die richtige Richtung!

     

    Der Iran ist ein altes Kulturvolk, das es "auf Zeit" wohl schaffen wird, auch die "religiösen" Gruppen, der dort im Moment an der Macht sind, wieder auf Normalmass zurecht zu stutzen.

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    In meinen Augen ein Land, das auf Dauer verlässlicher ist, als religiös aufgeputzte Pseudodemokratiene oder Stammesgesellschaften in diesem Raum.

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    Natürlich wird es noch viele Probleme geben, aber beim Iran erfolgt die Wandlung von auch von innen herraus. Dort wird, auch wenn das keine "Demokratie" im klassischen Sinn ist, die Richtung sehr viel mehr von der Bevölkerung mittbestimmt als in den anderen Staaten dieser Region. Der Iran ist mMn. viel säkularer aus hier oft angenommen und dargestellt. Schia/Suna sind auch dort fast nur politische Grössen.....

    .

    Ein halbwegs zivilisiertes Zusammenarbeiten zw. dem Iran und dem Rest der Welt wird für diese Welgegend wohl sehr vorteilhaft sein, auch wenn widersprechende nationale Interessen dort, das nicht so ganz einfach erscheinen lassen....

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    Meint Sikasuu

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    Ps. Auf das Propagandagetöse sollte man mMn. nicht so viel Wert legen. Da gibt es wohl einige "innenpolitische" Hardliner, denen man helfen muss das Gesicht zu wahren.

  • Der Autor hätte sich vor der Veröffentlichung seines Kommentars besser auch mit dem Standpunkt des Irans in dieser Frage vertraut machen sollen!

    Im Iran sieht man keineswegs, dass „Die USA und der Iran ihre Feindschaft überwunden haben“, im Gegenteil!

     

    Das deutschsprachige Programm von Iran Radio veröffentlicht heute einen Beitrag unter dem Titel: „Warum die Westliche Welt die Atomverhandlungen verloren hat“ (http://german.irib.ir/analysen/item/286261-warum-die-westliche-welt-die-atomverhandlungen-verloren-hat).

    Er beginnt mit den Worten: „Bei Verhandlungen um einen gerechten Ausgleich spricht man normalerweise nicht von Gewinnern und Verlierern. Aber bei Verhandlungen, die eine der vielen Nuancen des Weltkrieges der imperialistischen Westlichen Welt gegen den Rest der Welt ist, gibt es durchaus Kriegsgewinner.“

    Also nicht „gerechter Ausgleich“, sondern „Nuancen des Weltkrieges“! Dass der Iran selbstverständlich „Gewinner“ in diesem „Weltkrieg“ ist, wird im weiteren Text mit allen möglichen Behauptungen und Verschwörungstheorien „bewiesen“. Trotzdem lesen!

     

    Mein Fazit: Betreffs Iran ist auch weiterhin Misstrauen angebracht. Und: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!

    • @Pfanni:

      und was, bitte-schön, beinhaltet das abkommen?

      kontrolle!

       

      ich möcht ja keine atommacht und keinen staat, wo das NPT nicht unterzeichnet hat, scharf angucken....

      aber deren neigungen, sich jeglicher kontrolle zu entziehen, scheinen mir sehr viel mehr grund zur sorge.

       

      ansonsten verlangt keiner, dass Sie die ayatollahs mögen. ich tu's auch nicht.

      • @christine rölke-sommer:

        Das ist ja auch gut so

        oder ?

  • Das öffnet gar nix. Hat das Münchner Abkommen mit Hitler irgendwas geöffnet? Höchstens die Büchse der Pandora.

     

    Saudiaarabien, die Türkei, Ägypten und andere sunnitische Staaten werden sich in spätestens 5 Jahren zu Atommächten erklären. Der Weg von Pakistan nach Kairo und Istambul ist vorgezeichnet.

     

    Wer auf Syrien und den Irak blickt, weiss warum. Die innerislamsichen Konflikte sind nicht mit einem Westblick begreifbar.

    Statt "Gutmensch" muss man nun von "Gutstaaten" sprechen.

    Der Weg zur atomaren Hölle ist mit Appeasement gepflastert.

    • @Frank Heinze:

      Münchner Abkommen? Na , ja...

      .

      vieles hinkt, was sich Vergleich nennt! Dieser sitz aber im Rollstuhl.

      .

      Die politischen Rahmenbedingungen heute und auch in der Region sind doch wohl sehr anders.

      .

      Bei allem Propagandagetöse, gibt es eine reale Chance, das Iran im Gegensatzt zu den "religiös kontaminierten Stammesgesellschaften" dort, so etwas wie ein Stabilitätsfaktor für diese Region werden könnte.

      .

      Meint

      Sikasuu

      .

      Ps. Das die daneben auch nationale Macht- und Wirtschaftsinteressen haben ist wohl eine Binse. Gut das die ANDEREN Beteiligten in dieser Region alle aus reiner Nächstenliebe Politik machen :-((

  • Die Iranische Führung sieht die USA (eigentlich den ganzen Westen) nach wie vor als Feind an und wird weiter die Vernichtung Israels betreiben. Über die iranischen Interventionen im Libanon, Syrien, Irak und Jemen wurde bei den Verhandlungen nicht gesprochen.

  • mutter aller...

    ...lobbyschlachten ist zwar ein martialischer titel ( da war mal doch mal was ), aber wohl nur eine rationale beschreibung, was die usa in den nächsten wochen erwarten wird.

    netanjahu hat seine gesamte regierungspolitik einseitig auf den iran fokussiert und nun diese schlappe. - haaretz - " poor netanjahu, the world has taken away his most beloved toy – the Iranian bomb " -http://www.haaretz.com/opinion/.premium-1.665856

    eine schlappe, die die fortschreitende internationale isolation israels wohl vertiefen wird.

     

    in den usa beginnt sich eine wachsende anzahl von politikern für eine mehr amerika-orientierte politik gegenüber der pro-israel lobby zu formieren. times of israel - israel losing democrat`s - http://www.timesofisrael.com/israel-losing-democrats-cant-claim-bipartisan-us-support-top-pollster-warns/

     

    eine weitere schlappe im us kongress könnte netanjahu politisch nicht überleben. also werden die mächtigen mit dem vielen geld und dem grossen medialen einfluss, z.b. haim saban, sheldon adelson

     

    " Would ‘Bomb Living Daylights’ out of Iran " - breaking israel news 12.11.14 - http://www.breakingisraelnews.com/24182/media-mogul-haim-saban-bomb-living-daylights-iran/#JLutPDOArHMB85t9.97

     

    , sowie die washingtoner pro-israel lobbies die abgeordneten kaum zu ruhe kommen lassen, um ein abkommen scheitern zu lassen.

     

    zum einfluss der pro israel lobbies in den usa verweise ich auf mearsheimer/ walt - The Israel Lobby and U.S. Foreign Policy - https://de.wikipedia.org/wiki/The_Israel_Lobby_and_U.S._Foreign_Policy

    • @p.maxwell:

      Man muss eben unterscheiden zwischen dem Staat Israel und einzelnen möglicherweise jüdischen Medienmogulen. Vereinte Nationen (UNO) verweisen auf das Prinzip der Nationalstaaten zur globalen Organisation. Die Juden als uraltes Kulturvolk haben demnach das Recht auf einen eigenen und sicheren Staat. Einzelne Medienmogulen haben aber nicht das Recht (zumindest nach sittlichem Gefühl nicht), gegen andere Gruppen, Klassen und Völker zersetzerisch zu intrigieren, was aber leider oft in der Presse und im Rundfunk geschieht und was man legitim zurückweisen kann.