Reaktionen auf Atom-Deal: Große Hoffnungen im Iran

Massenweise gingen die Iraner schon am Dienstag auf die Straße, um das Ende der Verhandlungen zu feiern: Sie hoffen, dass sich das Land nun öffnet.

Sicherheitsbeamter

Iranischer Sicherheitsbeamter vor dem AKW Buschehr. Foto: ap

BERLIN taz | „Wir haben durch zähe Verhandlungen alles erreicht, was wir wollten“, sagte Irans Präsident Hassan Rohani am Dienstag in seiner Rede an die Nation. „Natürlich bedeuten Verhandlungen ein Geben und Nehmen. Aber unsere Ziele, das Atomprogramm fortzusetzen, die Sanktionen und die UN-Resolutionen aufzuheben und den Atomkonflikt zu beenden, sind durchgesetzt.“

Die Mehrheit der Iraner wird in den nächsten Tagen das erfolgreiche Ende der Atomverhandlungen feiern. Schon am Dienstag gingen sie nach dem Ende des Fastenbrechens massenweise auf die Straße. Groß sind die Hoffnungen, dass mit dem Abkommen und der Aufhebung der Sanktionen die seit Jahren andauernde Krise der Wirtschaft ein Ende finden und das Land sich nach außen und innen öffnen wird.

Doch es gibt auch warnende Stimmen. Der Parlamentsabgeordnete Aliresa Sakani dämpfte die Erwartungen. Die in Wien getroffenen Vereinbarungen müssten nicht nur in den USA, sondern auch im Iran einige Hürden überwinden, sagte er. Die Leute sollten sich nicht zu früh freuen. Zudem könnten die unterschiedlichen Bewertungen des Abkommens zu einer Polarisierung der Gesellschaft führen, was die Feinde der Islamischen Republik begrüßen würden.

Was auch immer im Einzelnen in Wien vereinbart worden ist – fest steht, dass in den nächsten Monaten mehrere hundert Milliarden Dollar iranisches Guthaben, das auf ausländischen Banken liegt, freigegeben wird. Auch der Ölexport, der wegen Boykottmaßnahmen in den letzten zwei Jahren drastisch gesunken ist, wird nun eine spürbare Steigerung erleben. Schließlich werden Handel und Schifffahrt sowie der Luftverkehr sich frei von Sanktionen rasch weiter entwickeln können.

Strukturelle Reformen in der Verwaltung

All dies könnte zu einem raschen Aufschwung der iranischen Wirtschaft führen. Ausländische Unternehmen vor allem aus dem Westen stehen bereits in den Startlöchern. Sie hoffen auf lukrative Iran-Geschäfte. Doch diese günstigen Voraussetzungen können nur dann die Entwicklung der Wirtschaft vorantreiben, wenn es der Regierung gelänge, die längst chronisch gewordene Korruption zu beseitigen und einschneidende strukturelle Reformen in der Verwaltung durchzuführen. Ob sie dazu tatsächlich gewillt und auch in der Lage sein wird, ist eine Frage, die mit der politischen Machtkonstellation in der Islamischen Republik zusammenhängt.

Ausländische Unternehmen stehen bereits in den Startlöchern.

Bislang hat die Regierung von Hassan Rohani ihre angekündigten Pläne nicht durchsetzen können. Ihr gegenüber stehen der nahezu mit unbegrenzter Macht ausgestattete Revolutionsführer, der Wächterrat, das Parlament, die Justiz, die Revolutionsgarden, die Sicherheitsdienste, die Ordnungskräfte. Doch nun kann die Regierung hoffen, durch den Erfolg beim Abkommen ihre Basis in der Bevölkerung stärken und damit bei den nächsten Parlamentswahlen nächstes Jahr einen Sieg der Reformer und bei der Präsidentenwahl in zwei Jahren eine Wiederwahl Rohanis erreichen zu können.

Die Aufhebung der Sanktionen wird auch der Regierung die Möglichkeit bieten, ihre mehrmals erklärte Absicht, das Land nach außen und innen zu öffnen, schrittweise zu realisieren. Die Annäherung an den Westen, vor allem an die USA, wird nicht nur wirtschaftliche Folgen haben, sondern auch politische und kulturelle. Politisch wird Iran seine Rolle als Regionalmacht weiter ausbauen und seinen Einfluss in der Region erheblich steigern können. Kulturell wird mit dem Einzug ausländischer Unternehmen auch der Weg für die westliche Kultur weit mehr als bisher geebnet werden.

Und das ist genau das, was die Konservativen und Ultras befürchten. Sie meinen zu Recht, dass der kulturelle Einfluss des Westens mittelfristig die Legitimation des islamischen Staates infrage stellen könnte. Daher betonte Revolutionsführer Chamenei immer wieder, Verhandlungen müssten auf den Atomkonflikt beschränkt bleiben. Und vor einer Versammlung von Studenten sagte er: „Der Kampf gegen die Arroganz der Macht wird nach den Verhandlungen weitergehen. Die USA sind das Ebenbild der Arroganz.“

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