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Nahles will Neubewertung von ArmutMit Vorurteilen aufräumen

Die Bundesarbeitsministerin kritisiert die gängige Definition von Armut. Für den nächsten Bericht will sie eine Neubewertung für arm und reich.

Armut in Deutschland: Die Anzahl der Suppenküchen nimmt zu. Bild: dpa

BERLIN dpa | Für mehr Sachlichkeit in der Diskussion über Armut und Reichtum in Deutschland will Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sorgen. Im nächsten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung werde ihr Haus darlegen, welche Auswirkungen Reichtum für die Gesellschaft habe oder welchen Einfluss Vermögende und Eliten auf politische Entscheidungen und gesellschaftliche Diskurse nähmen, sagte sie der „Süddeutschen Zeitung“.

„Ich glaube, da gibt es viele Vermutungen, oft auch Vorurteile. Wir werden sehen, wenn der Bericht Ende 2016, Anfang 2017 vorliegt, welche sich belegen lassen und welche nicht“, so Nahles.

Sie kritisierte dabei die gängige Annahme, wonach jeder, der weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat, arm ist. "Der Ansatz führt leider schnell in die Irre. Angenommen, der Wohlstand in unserem Land würde explodieren, dann bleibt nach dieser Definition das Ausmaß an Armut gleich", sagte die Ministerin. Es handele sich um eine relative Größe, die zwar die Spreizung der Einkommen zeige aber nicht die absolute Armut.

Aussagen wie die des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, wonach die Armut in Deutschland einen historischen Höchststand erreicht habe, wies sie zurück. Mit solchen Berechnungen laufe die Politik und die Gesellschaft Gefahr, den Blick für die wirklich Bedürftigen zu verlieren.

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10 Kommentare

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  • Nicht Armut neu definieren, sondern Armut abschaffen. Geld ist genug da-, nur, man muss die Hybris abbauen, die das Geld verschluckt.. Und außerdem, müsste man die Gier in den Parlamenten neu definieren.

  • SPD-Führer und Sozialfaschismus heute

     

    BDA-BDI-BündnisGrün-CDU/CSU-SPD/FDP-Kapital- und modifizierter Sozialfaschismus heute:

     

    Am 1. Januar 2005 ist das "Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt", auch "Hartz IV" genannt, in Kraft getreten.

     

    Es ist die weitreichendste sozialpolitische Gesetzesänderung der letzten Jahrzehnte, seit (Neu-) Gründung der Bundesrepublik Deutschland, und betrifft die arbeitslose, aber arbeitsfähige Bevölkerung, die kein Arbeitslosengeld erhält. --

     

    "Hartz IV" verschärft vor allem die finanzielle Lage von Haushalten mit Arbeitslosen.

     

    Der "Hartz IV"-Regelsatz wird genauso berechnet wie der Sozialhilfesatz. Wie bei der Sozialhilfe wird eine Prüfung der Bedürftigkeit vorgenommen, bei der eigenes Vermögen und das Einkommen aller übrigen Haushaltsmitglieder berücksichtigt wird.

  • Wir dürfen uns auf eine konstruktive Neudefinition der Armut freuen. Als Mitglied der SPD-Führungsriege wird sie ihrer neoliberalen Grundüberzeugung treu bleiben. Dafür sitzt sie auch dort.

    Da wird wohl August Bebel die Drehzahl erhöhen.

  • Gab es da nicht diesen Armutsbericht der schwarz-gelben Bundesregierung von 2012 oder 2013, der massiv entschärft werden musste? Selbst Kirchenverbände haben schon soziale Ungleichheit angesprochen, und wenn die was als problematisch einstufen, dann ist es wirklich ein Problem.

     

    Aber von der SPD kann mir ernsthafte Bestrebungen für soziale Gerechtigkeit irgendwie kaum vorstellen....

  • Info.-Empfehlung an die Administration der SPD-Führer/innen der herrschenden asozialen kapitalistischen Marktwirtschaft, der Quandtschen Wirtschaft- und Monopolverbände: "Armut und Ausgrenzung in Deutschland -- ein Überblick", von Almut Kriele, KFH NW, Aachen/Vaals 15.08.2005.

     

    Nur ein Auszug:

     

    Armut ist eine illegitime Form sozialer Ungleichheit und signalisiert sozialpolitischen Handlungsbedarf. Eine bessere Ausbildung und Gesundheitsfürsorge heben nicht nur die Lebensqualität unmittelbar, sie versetzen auch die Menschen in eine bessere Lage, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, also nicht mehr unter Einkommensarmut zu leiden. Personen und Familien und Gruppen, die über so geringe materielle, kulturelle und soziale Mittel verfügen, dass sie von der Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie leben als Minimum annehmbar ist, sind arm. Arbeitslosigkeit bedeutet nicht nur fehlendes Einkommen, sondern Ausschluss aus der Gesellschaft. Die Arbeitslosigkeit unter Migranten ist doppelt so hoch wie die durchschnittliche Arbeitslosigkeit. Dazu kommt, dass sie auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt Diskriminierungen ausgesetzt sind. Ihre Kinder und Jugendlichen verlieren oft den Anschluss an höhere Bildung. Geringe Sprachkenntnisse verhindern kulturelle Teilhabe. Mütter, die Kinder zu versorgen haben, sind in Deutschland aufgrund der Organisation des Arbeitslebens und der mangelnden Angebote an Kinderbetreuung kaum in der Lage, am Erwerbsleben teilzunehmen. Kinderreiche Familien [haben oft] kein ausreichendes Einkommen, Kinder kosten Geld. {...}

     

    Aufwachen, wirtschafts-brave Regierungs-GroKo und Quandtsche und Springersche Parlaments-Michels...

    • @Reinhold Schramm:

      Nachtrag, an die GroKo-Adresse der gut-geschmierten Quandtschen Sozialfaschisten heute:

       

      "Wenn man über die Verteilung des Reichtums spricht, ist die Politik nie sehr fern, und man kann sich oft nur schwer den Vorurteilen und Klasseninteressen seiner Zeit entziehen."

       

      (Thomas Piketty. In: "Das Kapital -- im 21. Jahrhundert".)

  • "Aussagen wie die des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, wonach die Armut in Deutschland einen historischen Höchststand erreicht habe, wies sie zurück."

     

    Na klar. Außer bizarren Farben und eine kumpelhaften Aufdringlichkeit hat diese Ministerin sonst nix mehr zu sagen. Die Bagatellisierung von Armut ist Standard für europäische Regierungen und Nahles wird hier keine Ausnahme sein. Wenn es zu viel Armut gibt, muss man einfach die Armut abschaffen, das erinnert an Gerd Schröder und die Agenda: Wenn's zu viele Arbeitslose gibt, macht man die selber zum Problem. Am Ende werden die Armen wahrscheinlich einfach aus der Statistik verschwinden.

  • Wahre Armut kennen wir in unserem Land nicht.

     

    Wir maßen uns an, den Begriff Armut für unsere Lebensverhältnisse zu benutzen und stehlen ihn denjenigen, die Armut wirklich leben müssen und sich dennoch ihrer Würde bewußt bleiben.

     

    Wie arm sind wir eigentlich ?.

    • @adagiobarber:

      "Wahre Armut kennen wir in unserem Land nicht." (Adagiobarber)

      "Deutschland geht es gut." (Angela Merkel)

       

      Wahre Armut kennen SIE vermutlich nicht. Aber auch durch Verwendung des pluralis majestatis in Ihrer Aussage werden Millionen armer Menschen in diesem Land leider nicht wohlhabender. Und dadurch, dass Marie Antoinette den Armen empfahl, doch Kuchen zu essen, wenn kein Brot zu haben sei, wurden die Armen im vorrevolutionären Frankreich vermutlich nicht satt. Was historisch folgte, ist bekannt...

       

      Es ist eine beliebte Argumentationslinie des Neoliberalismus, den Armutsbegriff zu verabsolutieren, um von der tatsächlich auch in Deutschland zunehmenden Armut und ihren zerstörerischen Auswirkungen abzulenken.

       

      Es lässt sich, wenn man mit offenen Augen durch dieses Land geht, nicht übersehen, wie sehr sich Deutschland durch die neoliberale Agendapolitik verändert hat.

       

      Und wer sich für das Thema Armut wirklich interessiert, kann sich im Internet sehr gut über die Auswirkungen informieren.

       

      siehe dazu z. B. hier...

       

      http://www.welt.de/politik/deutschland/article127089231/Hunderttausende-Deutsche-sitzen-im-Dunkeln.html

       

      oder hier...

      http://derstandard.at/2000012911001/Epidemiologe-Wilkinson-Die-Antwort-ist-simpel-Ungleichheit-bringt-uns-um

       

      Ein zentrales Problem besteht darin, dass grundlegende Bedarfe für Menschen mit niedrigem Einkommen nicht mehr gesichert sind, nachdem nahezu alle Lebensbereiche marktförmig zugerichtet worden sind. Das betrifft erschwinglichen Wohnraum genauso wie die Versorgung mit Energie (Stichwort Strompreise) und sichere Arbeitsplätze, die den Menschen ein verlässliches Einkommen ermöglichen.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Nahles übt sich im Relativieren.

     

    Absolute Zahlen gefällig?

     

    "Nach den EU-Kriterien für die Armutsgefährdungsgrenze (60 %) liegt die bundesdeutsche Armutsgefährdungsgrenze demnach bei 10 274 € jährlich bzw. 856 € monatlich (armutsgefährdet demnach: alte Bundesländer 12 %, neue 17 %). Als arm gilt ein Nettoäquivalenzeinkommen von 40 %, das sind 6 849 € jährlich bzw. durchschnittlich 571 € monatlich".

     

    Mit 856/Monat (vor Miete etc) ist man hierzulande (Ausnahme: ländliche Selbstversorger) sicherlich arm. Egal wie man es nicht dreht und wendet. Mit 571/Monat bekommt man existenzielle Probleme.

     

    Die Aussage: "Angenommen, der Wohlstand in unserem Land würde explodieren, dann bleibt nach dieser Definition das Ausmaß an Armut gleich" zeigt, dass sie keine Ahnung von Mathe hat. Gerade, weil wir eine Spreizung der Einkommen haben und der Wohlstand overhalb des ***mittleren*** (nicht Durchschnitts-) Einkommens wächst, bleibt das mittlere Einkommen zurück und damit natürlich auch die 60% davon.