zurück in die zukunft:

Wenn wir heute mit Qualität und Finesse punkten wollen, lassen wir die Finger von Kunststoffen. Echtes Holz, echte Wolle, das heißt echte Gefühle. Plastik hingegen ist das Material billiger Kopien und Imitate, kurzlebiger Ware, die Materie der Wegwerfgesellschaft. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war das denkbar anders. Die neuartigen synthetischen Stoffe ersetzten damals Edelprodukte wie Elfenbein und Seide und wurden von den Konsument:innen entsprechend geschätzt. Plastik galt als modern, sauber und schick, vielseitig einsetzbar, zugleich robust und leicht: der Stoff für Utopien. In diesem Geiste muss sich James B. Settles 1942, inmitten des Zweiten Weltkriegs, die abgebildete Idealwelt auf Europa, dem zweiten Mond Jupiters, erdacht haben. Das „Plastic Airship of Europa“, ein transparentes Plastikraumschiff, leichter als Aluminium, flitzt da über die gläsernen Kuppeln einer prächtigen Planstadt. Ein alternatives Europa, wohl um dem düster-dystopischen Europa seiner Gegenwart zu entfliehen.
Und von welcher Welt erzählt uns die Petrochemie heute? Seit den 1950er Jahren wird Plastik für Einwegprodukte und Verpackungen verwendet. Es ist Grundlage und Emblem der westlich-wohlhabenden Wegwerfgesellschaft geworden. Jährlich werden allein von Coca-Cola so viele Einwegplastikflaschen produziert, dass man aus ihnen 31-mal eine Brücke zwischen der Erde und ihrem Mond bauen könnte. Nicht das Plastikraumschiff, von dem wir geträumt haben. Aber jenes, in dem wir heute aufwachen. Nathan Pulver
Zukunftsbilder aus der Vergangenheit und was man aus ihnen lernen kann, erkunden wir hier in jeder Ausgabe.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen