zahl der woche: Südafrikas Goldindustrie leidet an Aids
Infizierte Minenarbeiter kosten
Die Aidsraten im südlichen Afrika sind horrend hoch. Das hat nicht nur bedrückende humanitäre Aspekte, sondern bedroht auch die Wirtschaft. In diesen Wochen haben die weltweit führenden südafrikanischen Goldkonzerne Schätzungen präsentiert, wie sich eine solche Epidemie in schnöden Wirtschaftszahlen niederschlagen könnte.
Die südafrikanische Regierung schätzt, dass über 10 Prozent der Gesamtbevölkerung und 20 Prozent der Erwachsenen – etwa 4,7 Millionen Menschen – mit dem HI-Virus infiziert sind. Die Goldkonzerne Anglo Gold (weltweit größter Förderer) und Gold Fields setzen den Anteil an HIV-infizierten Arbeitern hingegen auf eher 30 Prozent an. Anglo Gold beschäftigt im Land 44.000, Gold Fields 50.000 Menschen.
Auf 4 bis 6 Dollar pro Unze Gold schätzt Anglo Gold die Mehrkosten durch Aids bei ihren Arbeitern. Die Konkurrenz von Gold Fields Limited kommt auf 4 bis 10 Dollar – wenn nichts Entscheidendes gegen die Seuche getan wird.
Zum Vergleich: Der Börsenpreis einer Feinunze Gold zu 31,1 Gramm liegt derzeit bei 310 Dollar. Da sind die 4 bis 10 Dollar nur 1 bis 3 Prozent. Am Förderpreis von etwa 170 Dollar aus den tiefen Schächten Südafrikas liegt der Anteil jedoch höher. Angesichts der harten Konkurrenz von Tagebauminen aus Ländern wie Papua-Neuguinea und anderen Entwicklungsländern kann eine solche Zusatzbelastung jedoch das Ende von Südafrikas größter Industrie bedeuten samt dem Verlust vieler Arbeitsplätze.
Die Konzerne fahren eine Doppelstrategie, um die drohenden Kosten zu vermeiden: Sie beteiligen sich an einem Regierungsprogramm, das die teuren Aidsmedikamente auch der relativ armen Arbeiterschaft zugänglich machen will. Und dann gibt es eigene Kampagnen zu Aufklärung und Prävention.
Allerdings ist die Goldindustrie Südafrikas bei weiten nicht der einzige Wirtschaftszweig, der die Folgen von HIV/Aids zu spüren bekommt. Nach Berechnungen des südafrikanischen Bureau for Economic Research wird die Immunschwächekrankheit das Wirtschaftswachstum des Kapstaates bis zum Jahre 2015 um jährlich 0,5 Prozent sinken lassen.
Unterdessen hat die Regierung unter Staatspräsident Thabo Mbeki das nationale HIV/Aids-Bekämpfungs-Programm wiederbelebt und damit offenbar neues Vertrauen in die im letzten Jahr massiv eingebrochene Landeswährung Rand geschaffen. Präsident Mbeki hatte mehr als einmal betont, er bezweifle den Zusammenhang zwischen dem HI-Virus und Aids. Der niedrig bewertete Rand hilft allerdings der Minenindustrie, ihre Produktionskosten im Verhältnis zur ausländischen Konkurrenz gering zu halten – ein heikles Verhältnis. REINER METZGER
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