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zahl der wocheWer FDP wählt, wählt den Saaleausbau

Die 20-Kilometer-Lücke

Sündenregister sind ein probates Wahlkampfmittel: Einfach aufschreiben, was für Mist die anderen gemacht haben und versprechen, das zu ändern. In Sachsen-Anhalt ist gerade Wahlkampf, und die FDP hofft nach langer Landtagsabstinenz, endlich wieder 5 Prozent zu bekommen. Deshalb hat sie der Regierung viel ins Sündenregister geschrieben. Zum Beispiel den Saaleausbau. 50 Millionen Euro wurden in den letzten Jahren in Häfen und Schiffbarkeit investiert. Trotzdem fährt kein Schiff.

Schon unter den Nazis ist mit dem Saaleausbau begonnen worden. Allerdings an der falschen Stelle: Von Halle bis Calbe nämlich gibt es fünf Staustufen – hier könnten Schiffe der Europaklasse fahren. Statt die sechste Staustufe kurz vor der Elbmündung auch noch zu bauen, führten die Nazis lieber Krieg. Der chronisch klammen DDR ist zu verdanken, dass dort, wo die Staustufe geplant ist, ein phantastischer, 220 Hektar großer Auenwald erhalten blieb. Doch das Unesco-Biosphärenreservat ist in Gefahr. Wegen der Schiffart. Und der FDP.

Anfang der 90er-Jahre stellten die Freidemokraten die Minister für Wirtschaft und Umwelt in Sachsen-Anhalt. Die bewirkten, dass die letzten 20 Ausbaukilometer im Bundesverkehrswegeplan eine „vordringliche Priorität“ bekamen. Dann aber kamen die Roten an die Macht. Seitdem ist nichts passiert. Sehr zum Schaden der Umwelt, wie der „Verein zur Hebung der Saaleschiffart“ argumentiert. Nicht einmal 40.000 Tonnen Güter werden heute über die Saale geschippert. Die anliegenden Unternehmen würden nach einem Staustufenbau aber sofort über zwei Millionen Tonnen von der Straße auf den Fluss verlegen. Erstens ist das 14-mal billiger, zweitens 7-mal klimaverträglicher. Doch auch die Umweltschützer haben gute Argumente: Parallel zur Saale liegt eine Bahntrasse.

Einer der FDP-Slogans geht so: Damit hier endlich was passiert. Glaubt man den letzten Umfragen, muss für einen Regierungswechsel nicht mehr so sehr viel passieren. Die FDP liegt deutlich über fünf Prozent, die CDU bei 40. Auch was im Falle eines Regierungswechsels passiert, scheint klar: Die Staustufe wird gebaut. NICK REIMER

www.saaleverein.de

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