zahl der woche: Sind Umweltthemen nicht sexy genug?
Jugend mit Ökoverdruss
Folgt der angeblichen Politikverdrossenheit nun die angebliche Umweltverdrossenheit? Im Auftrag von Euro-Card will die Universität Bonn herausgefunden haben, dass die Jugend in den EU-Staaten wenig Bock auf Ökologie hat. Von 11.000 Befragten zwischen 10 und 17 Jahren behaupteten nur 26 Prozent, dass sie Umwelt für ein wichtiges Thema halten.
Im Vergleich zur Vorgängerstudie von 1996, als das noch mehr als ein Drittel waren, scheint also das Interesse an Ökologie rapide zu schwinden. Im Ranking der Existenzängste ist die Furcht vor Umweltzerstörung hinter den möglichen Tod der Eltern, Kriegsgefahr und drohende Arbeitslosigkeit gerutscht.
Weniger als jeder fünfte EU-Jugendliche sieht eine eigene Verantwortung an der Verschwendung von Ressourcen. Wenn jemand was gegen die Zerstörung tun könne, seien das Staat und Industrie, sagen vier von fünf Befragten. Im Vergleich dazu gestand 1996 noch jeder vierte eine eigene Mitverantwortung ein. Über die Gründe lässt sich allerdings nur spekulieren. Für Julia Fauth, die Leiterin der Umfrage, spiegeln die Ergebnisse einen Wertewandel. „Jugendliche leben mehr für das Heute als für das Morgen.“ Sie wollten ihren hohen Lebensstandard beibehalten. Umweltschutz habe aber den Ruf, dass man sich einschränken müsse.
Bei Umfragen über „die Jugend“ ist jedoch Vorsicht angebracht. So legte das Siegener Zentrum für Kindheits- und Jugendforschung andere Ergebnisse vor. Von rund 8.000 Befragten erklärte die Mehrheit, dass sie sich persönlich neben der Familie am ehesten für Tier- und Umweltschutz einsetzten.
Kerstin Brümmer, Bundessprecherin der Naturschutzjugend, bestätigt, dass Umweltfragen zurzeit „nicht sexy“ sind. Anders sei es, wenn man Themen auf den Alltag herunterbreche. Für überschaubare Aktionen, zum Beispiel Leute von der Abnahme von grünem Strom zu überzeugen, könne man Jugendliche immer gewinnen. MARIUS ZIPPE
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen