wortwechsel: Der Musk(etier)? Er jagt im Himmel und auf Erden
Elon Musk wird vergöttert und verflucht – im Namen eines heroischen Menschheitskampfes für die Besiedlung des Weltraums und die unendliche Freiheit der Twitter-Rede. Eine Farce?
„Wirtschaftsweise über Pläne von Elon Musk: ‚Twitter beeinflusst Politik‘. Monika Schnitzer warnt vor der Übernahme von Twitter durch den Tesla-Chef. Dahinter stecke eine gefährliche politische Agenda, sagt die Ökonomin“, taz vom 4. 6. 22
Auf zum Mars! Wird Zeit!
Monika Schnitzer deutet die Pläne von Elon Musk zur Übernahme von Twitter folgerichtig als Teil einer politischen Agenda. Das Ganze macht Sinn, wenn man Musk in einem besonderen Punkt besonders ernst nimmt: Sein gesamtes Handeln zielt auf den Bau einer Mars-Kolonie ab. Tesla hat er nach eigener Aussage nur aufgezogen, um die dazu nötige E-Technologie zu fördern. Wie könnte dann ein Twitter-Kauf dem Mars-Projekt helfen? Vielleicht so: Musk kauft Twitter und fördert Trump als neuen US-Präsidenten. Dieser zeigt sich dann später erkenntlich und fördert umgekehrt Musks Mars-Vision mit NASA-Milliarden. Am Ende gehen beide als große Pioniere der Menschheit in die Geschicht ein. Aus beider Leute Sicht wäre das ein gelungener Deal. Gunter Heim, Vaals, Niederlande
Meines Erachtens haben wir es bei Musk eher mit einem klassischen Libertären (und „Free-Speech-Absolutisten“) zu tun – einer Weltanschauung, die in den USA, anders als bei uns, relativ verbreitet ist. Diese kann man mit einigen guten Gründen kritisieren, sollte sie jedoch nicht gleichsetzen mit „konservativ“ oder „rechts(extrem)“. Er nennt sich selbst „moderat“, und scheint keine besonderen Bindungen an die Republikaner zu haben, hat bei den Wahlen 2020 noch den demokratischen Kandidaten Andrew Young unterstützt sowie das „Universale Grundeinkommen“. Was ihn bei Teilen der amerikanischen (medialen) Öffentlichkeit zur Unperson macht, ist sein klares „Standing“ gegen die (identitätspolitischen) „Critical Social Justice“-Ideologien (Critical Race Theory, Queertheory, Gender Identity Ideology), auch als „Wokeismus“ bekannt. Klaus L. auf taz.de
Alles hat seine Zeit. Diese Binsenweisheit galt für mich 2014, als Facebook WhatsApp übernahm. Ich meldete mich umgehend nach dieser Nachricht von beiden Diensten ab. Was Twitter betrifft, rate ich jeder und jedem, nach dessen Übernahme durch Herrn Musk, dies auch dort zu tun. Der Dienst wird sich ebenfalls verstärkt Richtung „Gigadatenkrake“ entwickeln.
Ulrich Herzau, Berlin
Godfather Elon Musk?
Kein Politiker, kein Medienvertreter, der Elon Musk die Aufwartung verweigert. Die Massen stehen ehrfurchtsvoll Schlange vor diesem egozentrischen Multimilliardär – er ist der reichste Mann der Welt. Sie verneigen sich vor ihm wie vor einer Gottheit. Motto: In Musk we trust! Grund: Er verteilt einen Haufen Geld – angeblich zum Nutzen der Menschheit. So durfte er mit dem Versprechen zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Brandenburg 83 Hektar Wald für Tesla abholzen. Er baut uns auf dem Mars ein hübsches Rückzugshäuschen, wenn auf der Erde die Atombomben krachen sollten, und er kauft Twitter, damit Trump wieder seine Fake News verbreiten kann. Auch fördert er die künstliche Intelligenz und finanziert Forschung zur Verknüpfung von Gehirn und Computer (Brain-Machine-Interfaces).
Man sollte sich diesen exaltierten Wahlamerikaner aber genauer ansehen. Das ist kein Ökosozialist, wie viele glauben, sondern ein Autist (wie er selbst mitteilte) und ein geistiger Bruder von Trump. Er rastet aus, wenn er irgendwas nicht bekommt. Bei ihm kann man sehr schön sehen, was herauskommt, wenn sich das große Geld mit irren Phantasien und Ideologien paart. Hier ist nicht Neid angesagt, sondern eher Mitleid und vor allem größte Vorsicht. Conrad Fink, Freiberg
„Kapitalismus und Raumfahrt: Unendliches Wachstum im All. Superreiche wie Elon Musk greifen nach den Sternen. Was wollen sie dort? Und wer kontrolliert sie eigentlich?“, taz vom 25. 5. 22
Im rechtsfreien Raum
Dieser Artikel zeigt, dass wir ab einer sehr großen Unternehmens- und Vermögengröße in einem real rechtsfreien Raum leben, in dem Verträge und Regularien nicht gelten. Es geht, wie immer, um knallharte Wirtschafts- und Einflussinteressen. Frieden, Demokratie, Menschenrechte – etwas für Naive und Weicheier. Sie sind nur unsere moralische Eintrittskarte, uns auf der Seite der „Guten“ zu legitimieren – mehr nicht. Zelter auf taz.de
Den Mars kolonialisieren? Bescheuert! Der Mars hat kein Magnetfeld wie die Erde und keine atembare Atmosphäre. Man kann dort nur stark abgeschirmt unter Glaskuppeln dauerhaft leben und riskiert es trotzdem, dass die DNS durch die Strahlung degeneriert. Bergbau im Weltall? Noch bekloppter! Das Zeugs muss dann irgendwie auf die Erde. Da ist es vermutlich billiger, die Müllhalden zu durchwühlen. Alles in allem sehe ich da nur die nächste Blase. Es wird so ausgehen wie die Dot.com-Blase oder die Immobilienblase. Kathrin Uhlmann auf taz.de
Das wahre Problem mit einer stark zunehmenden Raumfahrt wären die Umweltschäden auf der Erde. Solange keine deutlich umweltfreundlichere Raumfahrttechnologie existiert, würde ich deshalb dafür plädieren, Raumfahrt auf das Maß zu beschränken, das für Forschungszwecke erforderlich ist.
Ein alter Kauz auf taz.de
„Der Weltraum, unendliche Weiten“ – nichts als ein Ort des ungezügelten Kapitalismus? Der Weltraum wird ausschließlich militärisch genutzt? Jeder Schritt im All nichts als ein Pimmelvergleich alter, weißer Männer? Kein Wort darüber, dass Starlink jedem Menschen auf der Welt das Internet zugänglich machen kann. Kein Wort darüber, dass es auch militärische Aufklärungssatelliten sind, die Kriegsverbrechen in der Ukraine dokumentieren. Kein Wort darüber, welche Vorteile satellitengestützte Navigation bringt. Und zu guter Letzt – Geld ist für Herrn Musk nur das Mittel zum Zweck, „to boldly go, where no man has gone before“.
Nachtsonne auf taz.de
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