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wie machen sie das?Bitte bis zehn zählen

Matthias Wolter, 51, ist Deeskalations-Trainer und macht Kurse am Institut für Gewaltprävention, Selbstbehauptung und Konfliktmanagement – für Menschen, die Gefahr laufen, Situationen eskalieren zu lassen. Und für solche, die mit ihnen umgehen müssen.

taz am wochenende: Sie können deeskalieren, wenn jemand einen Wutausbruch hat. Wie machen Sie das?

Matthias Wolter: Stellen Sie sich vor, jemand steht am Bahnhof und brüllt die Passanten an: Wenn ihr mich anfasst, hau ich euch eine rein! Ich würde mich für die Warnung bedanken und Fragen stellen, denn Hauptsache, das Gehirn ist beschäftigt. Ich: Was ist passiert? Er: Alles Schweine hier am Bahnhof. Ich frage weiter, bis ich ihn aus der Emotion rausgeholt habe: Wer sind die größeren Schweine hier, die Polizei oder der Sicherheitsdienst?

Und andersrum: Wie bleibe ich ruhig, wenn die Wut hochkocht?

Der Klassiker: Bis zehn zählen. Man muss möglichst viel Zeit zwischen Stressauslöser und Stressreaktion einbauen, damit man nicht aus dem Affekt heraus reagiert.

Mit welchen Streitereien kommen die Menschen zu Ihnen?

Da sitzt beispielsweise ein netter Mensch in einer Arztpraxis und schreit plötzlich rum, weil er drankommen will. In immer mehr Konflikten geht es darum: Ich bin der Wichtigste!

Kann man üben, mit Drucksituationen umzugehen?

Ja. Zum Üben spielen wir ein Spiel: Die Gruppe soll bis 30 zählen. Jede Zahl, die durch sieben teilbar ist oder eine sieben beinhaltet, soll durch das Wort Ping-Pong ersetzt werden. Dann sage ich Sachen wie: Die Aufgabe schafft jeder Grundschüler, Sie wollen sich vor Ihren Kollegen sicher nicht blamieren, nur drei von 30 Gruppen schaffen diese Übung nicht, so blöd können Sie gar nicht sein. Das sind alles Stressfaktoren. Wenn jemand einen Fehler macht, strengen sich alle noch mehr an, das Adrenalin steigt und man kann weniger gut nachdenken. Dann fällt einem nicht mal mehr ein, welche Zahl nach 15 kommt. Die Aufgabe hat noch keine meiner Gruppen geschafft.

Was mache ich, wenn ich einen Konflikt mit meiner Chefin habe?

In einem hierarchischen Verhältnis muss man oft lange loben, bis Kritik angenommen wird. Das nennt man Priming – oder Schleimen. Geschickt ist zu fragen, ob Sie Kritik üben dürfen, und Ich-Botschaften zu formulieren, also: Aus meiner Sicht ist das so und so.

Was kann ich tun, wenn ich mich auf der Straße bedroht fühle?

In der Öffentlichkeit ist der Zuschauereffekt ein Problem. Je mehr Leute rumstehen, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass jemand eingreift. Sprechen Sie deswegen jemanden direkt an: Sie in der blauen Jacke, helfen Sie mir bitte. Interview: Jolinde Hüchtker

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