Greta vor Gaza, Merz in Washington: Hilfsgüter zu Waffen
Trump und Merz haben sich im Oval Office getroffen, Israel fängt Greta Thunbergs Schiff ab. Der Wochenrückblick von Friedrich Küppersbusch.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Joschka Fischer sieht in „Pazifismus derzeit keine Lösung“.
taz: Und was wird besser in dieser?
Küppersbusch: Mal Pazifismus fragen, ob er sich noch an Fischer erinnert.
taz: Trump und Merz treffen sich. Etwa 90 Prozent der Zeit sprach Trump. Was sagt das über Merz aus?
Küppersbusch: Glück gehabt. Trump hatte die Pressekonferenz vorgezogen, um im aufblühenden Beef gegen Musk rumzupöbeln; Merz saß nur dabei als What-a-mess-Diener. Er atmete ein paar dreiste Lügen Trumps weg, über Nord Stream 2, US-Zahlungen an die Ukraine und alles, was dem Infanten von Amiland halt noch so durch die Birne rumpumpelte. Die Kriegsschuld Russlands verpackte Merz in eine Schmuseattacke auf den „mächtigsten Mann der Welt“ und kam damit durch, immerhin. Die Vorgeschichte lädt zur Freude, dass Merz bei Hofe nicht geköpft wurde. In vergleichbaren Fällen zeterte es früher daheim, der deutsche Kanzler oder die deutsche Kanzlerin hätte dort aber auch Demokratie und Menschenrechte ansprechen müssen.
taz: Trump und Elon mögen sich nicht mehr. Hat das Ende der Bromance etwas Gutes?
Küppersbusch: Putin und Xi würden sagen: Ja. Musk ist abhängig von seinem Wirtstier, dem mit robustem Appetit ausgebeinten US-Etat. Trump ist abhängig von Musk, der ihm mit 270 Millionen US-Dollar den Wahlsieg finanzierte. Musk hat ein kriegsentscheidendes Satellitensystem, mit X eine globale Hetz- und Petzmaschine, Daten und Geld wie Dreck. Trump hat einfach den Staat geklaut. Wir können die Begriffsdebatten über Faschismus sausen lassen und gebannt nach vorne schauen, was eine Psychokratur in Vollblüte ausmacht. Musk will Macht, Trump will Ruhm – jeweils das, was der andere hat. Putin bietet Musk jetzt „politisches Asyl“ an, er hat’s also auch nicht verstanden. Musk nähme nur Putins Job.
taz: Der österreichische Kurier hat ein gefälschtes Interview mit Clint Eastwood veröffentlicht. Aus dem Fall Relotius nichts gelernt?
Küppersbusch: ZWEI GLOREICHE HALUNKEN – der Kurier und seine freie Autorin – haben FÜR EINE HANDVOLL DOLLAR ein WAHRES VERBRECHEN begangen und suchen nun den AUSWEG AUS ALCATRAZ. Ja, geht auch mit Eastwood-Filmtiteln: Ein paar über Jahre versprengte Zitate in Gesprächsform gießen und damit ein aktuelles Interview vorgaukeln. Diese nicht unverbreitete Methode enthält vorsorglich die Ausreden „Die Zitate waren echt“ und „Die Autorin hat ihn tatsächlich mal interviewt“, und wenn das verboten würde, wäre das halbe Kioskregal voller Knastzeitungen. Diesmal gerieten sie aber an Eastwood, DER WOLF HETZT DIE MEUTE, und HÄNGT IHN HÖHER.
taz: Das Segelschiff mit Greta Thunberg, das samt Hilfslieferungen auf dem Weg nach Gaza war, wurde von Israel aufgehalten. Warum dürfen keine Hilfsgüter geliefert werden, Waffen aber schon?
Küppersbusch: Weil das Netanjahu-Regime Hilfsgüter zu Waffen in der Hand der Hamas umdefiniert hat. Mit Abstand wird uns aufgehen, dass das lauterer Orwell ist. Es gilt, Abstand zu Netanjahu zu gewinnen, ohne Nähe zu den Opfern des Hamas-Terrors zu verlieren. Die Bundesregierung hält an Waffenlieferungen an Israel fest und moniert nebenher, dass Besatzung und Besiedlung des Palästinenserlands das Völkerrecht brechen – seit Jahrzehnten. Die Bevölkerung bejaht mit großer Mehrheit in Umfragen die Schuld der Hamas und Israels an der Katastrophe in Gaza. Unterschiedslos.
taz: Der mehrsprachige Radiosender Cosmo steht vielleicht vor dem Aus, drastischen Veränderungen oder einer „Entwicklung“. Hören Sie den Sender?
Küppersbusch: Nein, irgendwo müssen die 0,2 Prozent Marktanteil ja herkommen. Der Mix aus „Global Pop“, konsequenter Anti-Charthit-Farbe und „Diversity“ als inhaltliche Leitlinie klingt so moralisch hochwertig, wie man sich ein öffentlich-rechtliches Gremienergebnis nur vorstellen kann. Nur, dass es dann auch noch gesendet wird. Abends wird in neun Zuwanderersprachen gesendet – für Menschen, die im Netz Heimatradio hören und teils auch eigene terrestrische Stationen wie Metropol FM in Berlin. Entscheider, die heute diesen Sender retten, kriegen morgen wieder die moribunden Quoten um die Ohren.
taz: Es ist muslimisches Opferfest. Warum wird der Islam nur in deutschen Medien thematisiert, wenn es Angst macht?
Küppersbusch: Muslimische Kinder können schulfrei beantragen und strenggläubige Gemeinden eine Sondererlaubnis zum Schächten von Opfertieren. Man möchte sich die passende Hetze der voll veganen AfD dazu gar nicht erst ausmalen. Das Zuckerfest zum Ende der Fastenzeit hat deutlich mehr Potenzial, irgendwann mal ein gesetzlicher Feiertag zu werden, den die Union dann sofort wieder streicht.
taz: Und was macht der RWE?
Küppersbusch: In allen vier Ecken soll Liebe drinstecken. Baubeschluss und Geld für den Stadionausbau fehlen nämlich noch. Blockieren tun besonders die örtlichen Grünen. Was nicht so schlimm ist wie: Die örtliche FDP ist dafür. Fragen: Leyla Roos,Ann-Kathrin Leclère
Friedrich Küppersbusch ist Journalist, Produzent und mag Greta Thunberg langsam.
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