vorlauf : Klitzekleinbürger
„Die Camper“ (21.15 Uhr, RTL)
Heute Abend kehrt das Kleinbürgertum auf die Mattscheibe zurück. Heute Abend schlagen „Die Camper“ ihre Zelte auf. Wobei es sich kaum mehr um Zelte, sondern um voll klimatisierte, satellitenbeschüsselte Wohnwagen handelt. Wohnwagen zudem, die – mit gemauertem Grillplatz und Jägerzaun – alles Temporäre oder Transitorische, kurz: alles Nomadische entschieden verneinen.
Denn bei den Campern aus der gleichnamigen RTL-Serie haben wir es mit der erdverwachsenen Spezies der Dauercamper zu tun. Und für die, so weiß es die Pressemappe, „ist ihr Campingplatz der schönste Platz wo gibt“. Aber auch einer der wenigen Orte in der fiktionalen Fernsehlandschaft, an dem aufrichtig gelebtes Kleinbürgertum dieser Tage noch repräsentiert wird. Unter einer Tarnkappe namens Comedy findet mit den „Campern“ zurück auf den Bildschirm, was als „Drei Damen vom Grill“ oder „Die Wicherts von nebenan“ einmal für vorzügliche Quoten gesorgt hat: Ein medialer Ausflug in die Welt der Doppelripp-Unterhemden und Lockenwickler. Ein Fernsehen der kleinen Wünsche und manchmal auch der vertrauten Sorgen. Andersherum gesagt: Vorzelt-Ikone Benno Ewermann (gespielt von der Ruhrpot-Personifizierung Willy Thomczyk) ist eben nicht der notorische Förster, Lehrer oder Landarzt aus dem Vorabendprogramm. Er ist, im Gegenteil, genau der, vor dem uns die Rombachs und Dr. Spechts immer gewarnt haben. „Der Duschmarkenkrieg“ heißt dementsprechend die Pilotfolge der bereits sechsten Staffel der Erfolgsserie. Das klingt irgendwie nach „Maschendrahtzaun“. Und ist irgendwie auch so gemeint.
Ganz in diesem Sinne wird Benno Ewermann in den kommenden Wochen einen Dampfkochtopf verschenken, einen Nachtclub besuchen und sich gemeinsam mit seinen Platznachbarn betrinken. Mithin alles Dinge, über die die Wildecker Herzbuben zotige Lieder singen könnten. Das ist wohl auch die entscheidende Differenz zwischen den „Campern“ und den „Damen vom Grill“: Die Repräsentation kleinbürgerlicher, ja proletarischer Lebenswelten scheint in deutschen Fernsehserien dieser Tage oft nur unter den Bedingungen des „Ballermanns“ möglich.
CLEMENS NIEDENTHAL