vorlauf: Friedfischende Vereinsmeier
Deutschland e.V.
(Mi., 21.45 Uhr, ARD))
Was macht der Deutsche, wenn er nicht sein Auto wäscht oder den Schäferhund streichelt? Richtig, er ist im Verein aktiv. Denn da kann er die urdeutschen Tugenden, allen voran die Trinkfestigkeit, hervorragend pflegen. Der SWR hat sich ein paar nett-urige Vereine herausgesucht, um die leidenschaftliche Vereinsmeierei zu beleuchten: heute zum Auftakt der vierteiligen Reihe ein kleines Sportvereinchen aus Köln-Nippes, in dem natürlich hauptsächlich Fußball gespielt wird, einen „Friedfisch- und Meeresangelverein“ aus dem brandenburgischen Wriezen (25. 4.), die „Musikkapelle Kiefersfelden“ (26. 4.), in der Oberbayern Blasmusi blasen, und die „Weinbruderschaft der Pfalz“ (2. 5.). Die sind bei weitem die geselligsten Gesellen: Rotnasige „Rieslinggesichter“ (O-Ton), die an freundliche Freimaurer erinnern, nur dass hier ausschließlich Pfälzerwein gesoffen wird.
Dass die Männer – Frauen kommen in den vier Reportagen fast nur am Rande vor – den Verein vor allem wegen der Geselligkeit aufsuchen, hatte man schon geahnt. „Wir gegen die anderen“ ist das unausgesprochene Motto, wenn etwa die brandenburgischen Friedfischer erzählen, dass nicht jeder bei ihnen mitangeln darf und dass der Verein eben jenes Zusammengehörigkeitsgefühl beschwört, dass ihnen nach der Wende abhanden gekommen war. Leider ist der Angelfilm ansonsten der schwächste der vier: zu massiv redet der Filmemacher in die Bilder, nimmt seinen Protagonisten die Antworten in seinen Fragen vorweg.
Die anderen machen es besser. Die Mitglieder des Sportvereins aus Köln-Nippes köllschen sich durch die Doku, wie es jecker nicht sein könnte, hier erfährt man am Rande auch etwas über die typischen Vereinsprobleme: wenn einer lieber seine Kumpels trifft als die Familie, wackelt der Haussegen und murrt die Ehefrau. Und wenn ein Dirigent Sepp Pirchmoser, bzw. „der Pirchmoser Seppl“ heißt, dann versteht man auch, warum den Frauen das Mitspielen in der „Musikkapelle Kiefersfelden“ verboten ist, sie aber bei den Konzerten Selbstgebrannten verkaufen dürfen: Ist nicht ganz Bayern irgendwie ein Verein? JENNI ZYLKA
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