vorlauf: Wahrer Medien-Firlefanz
„Die Story: Ein edler Spender“
(Montag, WDR, 22.30 Uhr)
Wie heißt es doch so schön: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Deshalb gibt es in der Regel auch nichts Langweiligeres und Nichtssagenderes, als eine Sendung, in der Fernsehmacher ihresgleichen kritisieren. Meist ist die Sicht der Dinge von tiefgehendem Verständnis geprägt (ja, Himmel, haben wir den Quotendruck nicht alle im Nacken!). Demzufolge wird üblicherweise allenfalls tapfer mit Wattebäuschchen geworfen, denn als unkritisch mag man ja auch nicht gelten.
Doch in diesem Fall ist es anders. Hochachtung! Kirsten Waschkau und Tilo Knops haben ihren Dokumentarfilm „Ein edler Spender – Die wahre Geschichte einer Medienkarriere“ mit beißendem Spott aufbereitet. Da schildert ein begabter Geschichtenerzähler namens „Dr. Carsten Malin“ seine angebliche Karriere als vermeintlich uneigennütziger Helfer hungerleidender Kinder. Seinen Besitz, 1,8 Millionen Mark, habe er für Hilfslager im Sudan und im Irak gespendet und einen „Verein für Kinder dieser Erde e. V.“ gegründet. Und weil er so nett erzählen kann und sich obendrein vor laufender Kamera so telegen das Essen vom eigenen Munde abspart, hat er damit alle, alle beeindruckt.
RTL-Explosiv sendet begeistert, wie Malin mit seiner Frau Eierpampe isst, weil dies so billig ist. Sabine Christiansen in der ARD interviewt den Mann mit glänzenden Augen. Von Bild-Zeitung über Stern bis Hamburger Abendblatt – Journalisten finden solche Geschichten ganz toll. Man kennt diese Storys vor allem aus den Boulevard-Ressorts der Print- und Sendemedien, sie sind richtig schön unpolitisch, tun niemanden weh, kosten keinen etwas. Motto: Großzügiger Doktor verteilt in Afrika Almosen, und wir können weiter ruhig schlafen.
Nur einen kleinen Haken habe die Boulevard-Geschichte, eröffnen Waschkau und Knops nach süffisanter Schilderung augenzwinkernd: „Sie ist frei erfunden“. Der Mann mit dem eleganten Schnurrbart führe einen falschen Namen, habe weder einen echten Doktortitel noch sei er Arzt. Es kommt noch besser: Ein von ihm vermeintlich in Afrika eröffnetes Hilfslager existiert nicht, wie die Autoren im Film belegen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits.
Kirsten Waschkau und Tilo Knops haben diesen Medien-Firlefanz heiter-ironisch als Paradebeispiel für stumpfsinnigen Herden-Journalismus aufgedeckt. Ein herrlicher Kollegen-Schimpf. Gestandene Journalisten suchen im Film nach Ausreden, wie Pennäler, die unter dem Tisch Schiffe versenken gespielt haben, und winden sich dabei vor Verlegenheit. Diese Zunft lässt sich schließlich besonders ungern foppen.
GITTA DÜPERTHAL
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