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vorlaufPopstar mit Knarre

„Andreas Baader – Der Staatsfeind“

(Mi., 23 Uhr, NDR)

Er wurde 34 Jahre alt: Der Mann, den die bundesdeutschen Sicherheitsapparate Anfang der Siebzigerjahre innerstaatlich als ihren größten Feind betrachteten. Andreas Baader heißt er. Vor 25 Jahren ist er im Gefängnis von Stammheim ums Lebens gekommen – nach allem, was heute gewusst werden kann, durch die eigenen Hände.

„Baader-Bande“ wurde die terroristische Gruppe um ihn, den 1943 zur Welt gekommenen Sprössling eines Historikers, genannt. Die Chiffre RAF steht seither für eine der unglücklichsten Phasen der demokratischen Nachkriegsgeschichte – bleierne Zeiten eines deutschen Herbstes.

Der Dokumentarfilmer Klaus Stern, 33, hat sich bereits mehrmals mit der linken, aufbrüchigen Geschichte der Bundesrepublik beschäftigt. Auch in seinem Film über den Staatsfeind Baader tut er dies, und er macht es unter Verzicht auf die bekannten Formeln („Abscheu“, „Entsetzen“) zur Bewertung dessen, wofür der linke Terrorismus verantwortlich ist.

Stern zeigt Andreas Baader vielmehr quasi privat. Lässt Wegbegleiter zu Wort kommen – einen BKA-Fahnder, Ello Michel, Mutter einer gemeinsamen Tochter mit Baader, den Grafiker Holm von Czettritz, der Baader in der bundesdeutschen Boheme der späten Fünfzigerjahre in München kennen gelernt hatte.

Und es ist alles in allem ein sehr kundiger Film geworden. Baader, der Mann mit Charisma, der Non-Intellektuelle, der Smarte mit Schlafzimmerblick, der Frauenheld und Männerkumpan – es wird etwas spürbar von dem, was Andreas Baader, allen theoretischen Anstrengungen der sonstigen Oppositionsbewegung zum Trotz, so attraktiv machte: ein Deutscher, der von allen als stinkfaul, aufsässig und desinteressiert wahrgenommen wird – und dennoch (und wohl vor allem deshalb) groß rauskommt, mehr noch: geradezu zum Popstar mit Knarre avanciert. Ein Ballermann des damaligen Zeitgeistes: Reste dieser Faszination an seinem Körper, seinem Tun werden hörbar. Die mit ihm zu tun hatten, scheinen immer noch kein Ende mit ihm zu finden.

Eine brillante Arbeit Sterns. Mehr davon. JAN FEDDERSEN

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