vorlauf bühne: Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
In Zeiten wie diesen, wo weder Glück noch Geld auf der Straße liegen, haben allerorten „Die Abzocker“ Hochkonjunktur. Im vorliegenden Fall kann man ihnen in einer Medienagentur begegnen: Umsatz oder Untergang, das ist hier die Frage. Die 1971 in Limburg geborene Melanie Gieschen muss wissen, wovon sie spricht. Schließlich hat sie selbst in einer Agentur gearbeitet, bevor sie nach Berlin zog, um Dramatikerin zu werden. „Die Abzocker“ ist ihr zweites Stück. Am Theater 89 wird Johanna Schall, ab Herbst Oberspielleiterin des Volkstheaters Rostock, die Uraufführung inszenieren (Donnerstag). Ansonsten wird hinter verschlossenen Türen gezockt, am heftigsten zur Zeit wohl in der Senatskulturverwaltung: Schließen wir dieses oder lieber jenes Theater? Oder schicken wir gleich ein ganzes Ballett in den Vorruhestand. Unsereins würde die Enteignung einiger Abzocker und pleiteverantwortlicher Banker und Politiker für gerechter halten. Oder wenigstens deren Zwangsverpflichtung für die Vortragsreihe „Politik und Verbrechen“ in der Volksbühne. Wer schon genug Probleme hat, kann sich ab Freitag im Friedrichstadtpalast von der schönen Scherezade beeindrucken lassen („Wunderbar“), die dort mit ihren Geschichten von 1001 Nacht inzwischen bei Nacht Nummer 2002 angekommen ist. Ins Paradies kommt man zurzeit allerdings nur vom Hamburger Bahnhof aus. Dort wirkt seit einigen Tagen das kanadische „Paradise Institut“ von Janet Cardiff und Georges Bure Miller (11-18 Uhr, bis 1. April). Das ganze Theater besteht aus einer wunderbar sinnlichen Kinosimulation. Und an der Überlegenheit des Theaters werden am Schluss nur noch Taube und Blinde zweifeln. Vielleicht sollte man also dem Theaterausschuss des Kultursenators einen schnellstmöglichen Betriebsausflug dorthin empfehlen.
Anregungen: vorlauf@taz.deMorgen kommt Kunst
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