vorlauf bühne: Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Drei junge Frauen machen sich scharf für eine Party: Outfit-technisch und mental. Sie sind ausgestattet mit dem Phrasenrepertoire konsumorientierter Endzwanziger, halten sich für selbstbestimmt und unabhängig. In Wahrheit sind ihre Sehnsüchte kapitalismusferngesteuert. Bloß: Sie merken es nicht. „Girlsnightout“ war das erste Stück von Gesine Danckwart, die letztes Jahr mit „Täglich Brot“ Furore machte (Premiere heute in den Sophiensaelen, Sophienstraße 18). Das erste Stück von Bernard-Marie Koltès (1948–1989) ist am selben Abend im Deutschen Theater zu sehen. „Die Nacht kurz vor den Wäldern“ wurde 1976 uraufgeführt, als die Thirtysomethings von damals sich noch vom Schock des Post-68er-Utopieverlusts erholen mussten: Ein Mann irrt durch die nächtlichen Straßen einer großen Stadt. Es regnet, er sucht eine Bleibe und erzählt dabei von seinem Leben und seinen vergeblichen Träumen (mit Robert Gallinowski). Es ist halt schwer, über sich hinauszuwachsen, wenn man zu klein geraten ist. Ursachenforschung in dieser Angelegenheit betreibt seit Jahren die Pariser Gruppe Deschamps & Deschamps, deren Theaterarbeiten sich stets hochamüsant am Konfliktherd Körper abarbeiten. Schließlich ist der Körper schuld, dass wir Menschen nicht fliegen können. Bei Deschamps & Deschamps hat dafür das Theater gelegentlich Flügel bekommen. („La Cour des Grands“ von heute bis Freitag im Hebbel Theater, Stresemannstraße 29). Im Übrigen ist mal wieder ein Projekt von Christoph Schlingensief im Anflug auf Berlin. Am Freitag und Samstag gibt es an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz zwei Pilotveranstaltungen von „Quiz 3000: Du bist die Katastrophe“. Ein Ratespiel nach „Wer wird Millionär“. Den Günther Jauch wird selbstredend Herr Schlingensief höchstpersönlich geben.
Anregungen: vorlauf@taz.deMorgen kommt Kunst
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen