vor ort : PASCAL BEUCKER über einen in Düsseldorf unerwünschten „Weltmeister-Krimi“
Was für eine Auszeichnung für Düsseldorf! Da hat es das sonderbare Örtchen am Rhein mit seiner merkwürdigen LTU-Arena schon nicht geschafft, bei der Fußballweltmeisterschaft mitspielen zu dürfen – und hat trotzdem neben den zwölf Austragungsorten auch seinen eigenen „Weltmeister-Krimi“ in der gerade im Dortmunder Grafit Verlag erschienenen Anthologie „Blutgrätsche“ bekommen. Da findet sich nun neben Texten von Ralph Gerstenberg über „Leipziger Ballerei“, von Jan Zweyer über „Goleo, Pille, Pils und Schalke“ oder Reinhard Junge über den „Countdown in Dortmund“ auch noch ein Beitrag von Horst Eckert über seine Wahlheimat Düsseldorf. Eine schöne Sache, eigentlich.
„Wege zum Ruhm“ hat der mehrfach ausgezeichnete Kriminalschriftsteller (Marlowe-Preis, Friedrich-Glauser-Preis) seinen Text überschrieben, dessen Premierenlesung am 30. März in der städtischen Düsseldorfer Zentralbibliothek stattfinden sollte. Sollte. Denn statt sich zu freuen, nehmen die Düsseldorfer übel. Zumindest diejenigen im Umfeld ihres etwas gewöhnungsbedürftigen Oberbürgermeisters Joachim Erwin.
Denn leider hat Eckert aus ihrer Sicht bei seinen kriminalistisch-satirischen Betrachtungen der Untiefen verklüngelter rheinischer Lokalpolitik etwas zu nah auf die Realität geschaut. So räumt der Autor freimütig selbst ein: „Wahre Begebenheiten beim Bau und Betrieb der neuen LTU-Arena in Düsseldorf gaben den Anstoß zu einer Farce mit schwarzhumoriger Pointe.“
Das ist aber auch wirklich irgendwie unsensibel. Noch weniger begeistert zeigten sich die Stadtverantwortlichen davon, dass die zwielichtige Hauptperson der kleinen fiktiven Geschichte, Dagobert Kroll, durchaus gewisse Züge hat, die manchen in Düsseldorf bekannt vorkommen könnten. Kleine Textprobe: „Und wir werden doch noch WM-Austragungsort“, raunte Oberbürgermeister Kroll ihm zu. Der kleinwüchsige und kahlköpfige OB reckte siegesgewiss den Daumen nach oben, riss die Tür auf und schaltete beim Anblick der Medienmeute sein berüchtigtes Lächeln ein – jenes Zähnefletschen, welches untrüglich signalisierte, dass mit Dagobert Kroll nicht zu spaßen war.
Zwar ist Erwin gar nicht kahlköpfig. Aber das Amt für Kommunikation der Stadt sah sich trotzdem zur umgehenden Gefahrenabwehr genötigt – und veranlasste die Absetzung der Lesung. Für Autor Eckert eine Ungeheuerlichkeit: „Der Skandal liegt nicht in der Geschichte, sondern in der Zensur durch das Rathaus.“ Klein beigeben will er jedoch nicht, die Lesung soll nun woanders stattfinden: „Wir lassen uns vom Büro des Oberbürgermeisters nichts verbieten.“
Dem Linke Liste-Ratsherrn Frank Laubenburg erscheint indes der eigentümliche Zensurakt als nur konsequent. Schließlich habe Erwin habe doch erklärt, die Kultur zur Chefsache machen zu wollen: „Diese Drohung setzt er nun offenbar um.“ Erwin hingegen wäscht seine Hände in Unschuld: „Ich kenne weder das parasitäre Geschreibsel noch den Autor des Buches“, sagte der Christdemokrat dem Express. „Es interessiert mich auch nicht.“