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wie man eine frau findet

von Ralf Sotscheck

Was schenkt man einem Single zum 40. Geburtstag? In einem Dubliner Antiquariat fand ich das perfekte Präsent für meinen Freund Joe, ein kleines Heft: „Choosing A Wife“, ein Leitfaden, was man bei der Wahl einer Ehefrau beachten muss. Geschrieben hat es der Jesuitenpfarrer John Charnock, und der muss es ja wissen. Das schwarz-rote Heftchen mit drei Frauenkopfzeichnungen auf dem Umschlag ist vom theologischen Zensor Reccardius Fleming abgesegnet worden, es ist also ein völlig unbedenkliches Geburtstagsgeschenk.

Charnock stellt zunächst die Kernfrage: „Will Gott überhaupt, dass ich heirate?“ Eigentlich nicht, antwortet er im Namen des Herrn: „Für die Religiösen ist Jesus Christus der Ehepartner.“ Aber auch die Unverheirateten sind gut dran, weil sie als Jungfrauen einen Sonderposten im Himmel einnehmen werden. Denn wenn sie nicht verheiratet sind, folgert Charnock schlüssig, müssen sie ja Jungfrauen sein. Das Eheleben ist die würdeloseste Existenz. Aber wer es nicht lassen kann, soll sich wenigstens an ein paar Richtlinien halten.

Die erste Regel: Wähle eine Katholikin. Die zweite Regel: Wähle eine fromme Katholikin. Das sei auch Gottes Meinung, und für die Sünde der Missachtung seines heiligen Willens hält er eine Sintflut bereit, warnt Charnock. In einer Mischehe würde die nichtkatholische Frau ihren katholischen Mann pervertieren, sagt der Allmächtige. „Die Kirche verabscheut solch hasserfüllte Ehen“, schreibt der zölibatäre Pfarrer. „Falls es in Ihrer Familie jemanden so Dummes geben sollte, der solch fatale Torheit begehen will, so erlaubt es die Kirche manchmal, um Schlimmeres zu verhüten.“ Aber diejenigen können weder mit Blumenschmuck in der Kirche noch mit einem Lächeln des Pfarrers rechnen. „Eine Beerdigung wäre fröhlicher“, sagt Charnock, „denn einer Mischehe wohnt das Böse bei.“

Aber selbst bei Katholikinnen sind einige Dinge zu beachten: „Nimm kein flatterhaftes Mädel, eine ungezähmte, nutzlose Kreatur, die nach der Arbeit das Essen herunterstürzt und dann, statt der Mutter zu helfen, mit Ihresgleichen auf der Straße herumlungert, und deren lautes Lachen stadtbekannt ist.“ Manch abstinenter Mann sei durch die Verkommenheit seiner Frau in den Alkohol getrieben worden. „Ist sie unordentlich“, schreibt der jesuitische Experte angewidert, „ist das Haus dreckig und übelriechend, und stehen die Überreste der letzten Mahlzeit noch auf dem Tisch, wenn er nach Hause kommt, wird der Mann vor diesem Elend geradewegs in dieses Grab des Familienglücks, die Kneipe, flüchten.“ Sie dagegen darf keinen Drink anrühren: „Männer mit starkem Charakter können manchmal vom Alkohol loskommen, Frauen jedoch niemals.“

Derart gewappnet, kann bei der Wahl der Ehefrau eigentlich nichts mehr schief gehen. Nun gilt es, den „Ignoranten und Gottlosen in deiner Nachbarschaft“ zu helfen. Gib ihnen dieses Heft, rät Charnock. Und falls sie es nicht wollen, soll die Vorsehung ihren Lauf nehmen: „Lass das Heftchen im Bus, auf der Parkbank oder im Theater liegen.“ Oder im Mülleimer?

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