verbale eierwürfe: TÜBINGER SCHLAMPEN
Nicht alle haben ihre Zunge besser im Zaum als Dieter Kunzelmann; zumindest nicht Eberhard Diepgen, nicht Klaus Landowsky und nicht der CDU-Abgeordnete Klaus Schöneberg. Doch keiner ist so ungeschickt wie der Eiermann.
Kaum aus dem Knast, provozierte der Aktionspolitologe Kunzelmann das Gefängnistor der JVA Tegel mit Eierwürfen. Dabei soll er Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) als „Tübinger Schlampe“ bezeichnet haben. Die Staatsanwaltschaft hat deshalb ein Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung eingeleitet. Dass gegen Kunzelmann Anklage erhoben wird, ist aber nicht gesagt. Zuvor muss sich die Staatsanwaltschaft bei Däubler-Gmelin erkundigen, ob sie sich beleidigt fühlt. „Wir warten gespannt auf das Schreiben der Staatsanwaltschaft“, schmunzelte der Pressesprecher der Ministerin.
Der Regierende Bügermeister – ansonsten Ziel Kunzelmannscher Eierwürfe – stellt sich geschickter an, wenn er gegen seine Gegner zu Felde zieht. Im Abgeordnetenhaus hatte sich Diepgen drastisch über die hauptstädtische Kulturszene ausgelassen: Berlin könne und wolle es sich nicht länger leisten, auch „abgetanzte und abgelatschte“ Künstler zu fördern. Einem Ermittlungsverfahren entging das Stadtoberhaupt. Zum einen hatte er es geschickt vermieden, Ross und Reiter zu benennen. Zudem schob er nun, Wochen später, per FAZ eine Abbitte nach.
Auch Diepgens Intimus Klaus Landowsky nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es gegen „Ratten und Gesindel“ geht. Doch nach seinem berüchtigten Ausspruch entging auch er dem Kadi. Zwar war damals Anzeige erstattet worden, aber da auch hier kein bestimmbarer Personenkreis verunglimpft worden war, wurde das Verfahren eingestellt.
Bleibt abzuwarten, wie es dem CDU-Abgeordneten Klaus Schöneberg geht. Jener hatte am Montag im Innenausschuss das Erscheinen des Anmelders der revolutionären 1. Mai-Demonstration, Gunnar Krüger, und der kritischen Beobachtern des Polizeieinsatzes mit den Worten kommentiert: „So ein Dreck hier.“ Noch ist dazu bei der Staatsanwaltschaft kein Ermittlungsverfahren anhängig.
BARBARA JUNGE PLUTONIA PLARRE
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