unverbremt: Das neue Volksseelen-Forum
Debatten in Tageszeitungen? Super Sache. Wenigstens solange die Redaktionen ihre Leserinnen für voll nehmen - und nicht nur über Kinder- und Hausmärchen-Figuren abstimmen lassen.
V erflixt, jetzt geraten wir echt ins Hintertreffen. Zusehends etabliert sich der Weser-Kurier als Forum für die brennenden Zukunftsfragen Bremens. Wegen des neuen Chefredakteurs.
Lars Haider nämlich hätschelt die Volksseele mit Debatten, die betreffen, was er von Bremen kannte, bevor er hier einflog: Sollten die Stadtmusikanten vergoldet oder in Gummi reproduziert, aufgeblasen und in der ganzen City verteilt werden?, damit fings an. Dann erfand er den Stadtmusikantenpreis. Und nun fragt er: Wie sollte Bremen für sich werben. Dafür gibts ja ein tolles Logo - die Stadtmusikanten - bloß steht daneben noch, "Bremen erleben", und da fragt sich doch dringlich, stünde da nicht besser etwas anderes, etwa … - ja und jetzt sind Sie dran, liebe Leser!, hat er, geschickt, den Sack Luft an seine KundInnen weitergespielt, weil sich, wer selber Ideen hat, angreifbar macht. Dagegen lassen sich lange Lob-Artikel über die Beiträge der KundInnen schreiben: Die sind alle total toll. Und spitze! fand Haider den Vorschlag, in memoriam Space-Park Werbung mit der Raumfahrt-Industrie zu machen, à la: "Bremen - ein Platz an der Sonne". Auch klasse: etwas, was auf diese ausgefuchste Kampagne reagiert, nach der Schwaben alles können, außer sprechen. Dazu dürfen sich dann örtliche C-Promis begeistert im Blatt äußern, während Haider weitere Ideen sammelt: Bremen - mehr als Kind und Kühlschrank, oder Bremen - gar nicht weit von Pisa, oder vielleicht was mit Musik oder Fußball. Eben das, was es nur hier gibt.
Eine sinnlose Debatte hat weder Ziel noch Ende. Deshalb wird der Chefredakteur später, früher oder schon morgen sagen: Nu is aber gut, Kinderchen!, fein gemacht! - bloß steht der wahre Slogan seit 1819 fest, und alle kennen ihn. Auch Haider. Er lautet: Bremen - besser als der Tod.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“