unverbremt: Benno Schirrmeister über präsidentenkunst: Lobbyisten-Schinken in Öl
Backenbart, weißes Hemd, Krawatte, dunkler Grund: Künstlerisch zutiefst belanglos ist das Porträt von Heinrich Hermann Meier, das Bürgerschaftspräsident Christian Weber (SPD) am Dienstag vor seinem Amtszimmer enthüllt hat. Ein konventionelles Kniestück zu Repräsentationszwecken, gemalt für die Eingangshalle seiner Bank am Domshof, ausgeführt in gedeckten Tönen: Ödnis in Öl. Ach, wenn doch schlechter Geschmack ein Rücktrittsgrund wäre …!
So bleibt zu fragen, was es bedeutet, dass sich der Präsident der Bürgerschaft diesen Schinken vor die Tür hängt. An hässlichen Bartträgerbildern herrscht ja kein Mangel. Sich für eins zu entscheiden, macht es zur Aussage, sich für es zu engagieren, zur Botschaft. Und Weber hat sogar eine H.H.-Meier-Bürgerinitiative betrieben, nur um die Scharteke aus der Rumpelkammer der Commerzbank zu kriegen, auf die das Stück übergegangen war, als sie die Dresdner Bank-Gruppe inklusive Bremer Tochter kaufte.
Weber ist Meier-Fan, weil der „sehr viel für das internationale Ansehen“ Bremens getan habe „und für den Wohlstand“. Was stimmt: Meier hat sich und Bremens Reiche bereichert, weil er mit Eduard Crüsemann den Norddeutschen Lloyd gründete. Der profitierte in den 1880er-Jahren massiv vom kolonialistischen Boom. Um den dorthin zu lenken, wo er den meisten Profit versprach, gründete Meier den Deutschen Kolonialverein mit. Auch saß er im Reichstag: „Ich bin auch einer von den Kolonialchauvinisten“, hat er sich dort einmal süffisant charakterisiert.
Meier war kein Erzschurke. Er hat sich um die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger verdient gemacht. Doch die stenografischen Berichte des Reichstags zeichnen ein Bild von ihm als jemandem, der sein Mandat ausnahms- und rücksichtslos zur Wahrung seiner privaten geschäftlichen Interessen nutzte. Und das Motiv zieht sich durchs ganze Leben: Meiers erste politische Tat ist die Lobbyarbeit in Boston für einen Handelsvertrag mit Bremen, von dem vor allem das dortige Geschäft seines Onkels und das hiesige seines Vaters profitiert. In der Bürgerschaft knüpft er in den 1840er-Jahren jene Kontakte, die er braucht um die Bremer Bank und später die NDL zu gründen. In Berlin agitiert er für Zollerleichterungen und Linien-Dampfersubventionen: Abgeordneter zu sein ist für ihn Unternehmertum mit anderen Mitteln. Heute hieße das korrupt: Das Porträt dieses Mannes hat in einem Parlament nichts verloren.
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