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Nils Kahnwald Foto: Julian Baumann

Kammerspiele München als Theater des Jahres

Jedes Jahr zum Ende des Sommers, kurz vor dem Start der neuen Spielzeit, bringt die Zeitschrift theater heute ihre große Umfrage unter 44 Kritiker*innen heraus. Die Ergebnisse zählen viel in der Theaterwelt. Der Abräumer diesmal: die Münchner Kammerspiele. Der Intendant Matthias Lilienthal, der nur noch eine Spielzeit da ist, kann sich freuen: Sein Haus wurde zum Theater des Jahres gewählt, die zehn Stunden dauernde Inszenierung „Dionysos Stadt“ von Regisseur Christopher Rüping mit 14 Stimmen zur Inszenierung des Jahres. Weiter erhielten der Schauspieler Nils Kahnwald, Gro Swantje Kohlhof als Nachwuchsschauspielerin und die Bühnenbildnerin Lena Newton, alle von den Kammerspielen, diese Auszeichnung.

Das hat theater heute gleich genutzt, sich mit Rüping, Kahnwald und Kohlhof zu einem langen Gespräch über die Arbeit an ihrem mehrfach ausgezeichneten Stück „Dionysos Stadt“ zu treffen. Nils Kahnwald begrüßt eingangs in einem langen Monolog die Zuschauer*innen und erzählt jetzt, wie eine leere Seite am Anfang ihrer Stückfassung dazu geführt hat, sich mit dem Publikum zu beschäftigen, ihren Erwartungen, Vorwissen, Launen, Befindlichkeiten. Danach fühlt man sich gut aufgehoben im Zuschauersitz. Christopher Rüping, für den dies sein erstes Antikenprojekt war, erzählt, wie er selbst bei Aufführungen antiker Dramen fast immer zwei Stunden brauchte, um die ganzen Prämissen zu akzeptieren, auf denen die Stücke fußen, und dann ist das Stück schon zu Ende. „Dionysos Stadt“ ist also auch so lang, damit man sich eingrooven kann in die antike Vorstellungswelt. Rüping ist Hausregisseur an den Münchner Kammerspielen und hat ein großes Talent, mit viel Offenheit in den Proben die Schauspieler*innen zu einem Kollektiv zusammenzubringen, das Texte, Quellen, Inhalte miteinander aushandelt und dies auch sichtbar für das Publikum hält.

Matthias Lilienthal hatte auf eine Verlängerung seiner Intendanz an den Kammerspielen über 2020 hinaus verzichtet, nachdem die örtliche CSU sein Haus dafür angriff, sich an dem Demonstrationsaufruf #ausgehetzt, gegen die Flüchtlingspolitik der CSU, beteiligt zu haben.

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