piwik no script img

Archiv-Artikel

übersetzung

Sehr geehrter Herr Präsident Bush,

als Abgeordnete in Berlin und Brandenburg werden Sie uns zwar nicht kennen, aber Berlin ist exakt da, wo Kennedy und Reagan auch schon mal was Wichtiges gesagt haben. Wir, aber auch viele Bürgerinnen und Bürger unserer Bundesländer haben nicht vergessen, dass Ihr Land Deutschland in der Not beigestanden hat. Leider ist die Mehrheit, also Sozis, Grüne und andere Kommunisten, so beschämend geschichtsvergessen, dass sie sich doch tatsächlich eine andere Meinung als die Ihre zutraut. Wir dagegen sind voll Dankbarkeit dafür, dass Ihr Land uns ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung ermöglicht hat. Es ist uns daher eine Herzensangelegenheit, Ihnen mitzuteilen, dass wir so frei sind, genau darauf zu verzichten.

Unser Hauptproblem ist sowieso nicht der drohende Krieg, den wir auch mit keinem Wort erwähnen wollen, sondern dass hier gerade Kanzler Schröder regiert, auf dessen Wirtschaftspolitik wir mal eben rumhacken, obwohl das mit dem Irak herzlich wenig zu tun hat.

Der erste Kanzler der Bundesrepublik war übrigens Konrad Adenauer. Ihre politischen Berater können Ihnen hoffentlich verraten, dass der in unserer Partei war.

Das Ende des Zweiten Weltkriegs wurde zwar in unserer Partei noch lange eher als Niederlage denn als Befreiung begriffen. Umso weniger können wir heute Kritik an den Westalliierten üben – außer an Frankreich vielleicht, aber das würde die Sache jetzt arg komplizieren. Andersdenkende würden wir wie früher am liebsten auffordern, „nach drüben“ zu gehen. Bis auf weiteres helfen wir uns mit den Totschlagargumenten „Antiamerikanismus“ und „Kommunismus“.

Welche Ihrer Aussagen wir kritisieren sollten, wissen wir auch nicht. Dennoch könnten wir das rein theoretisch tun. Obwohl wir völlig fasziniert sind von der Freiheit, loszuschlagen, die Sie sich trotz weltweiter Kritik herausnehmen.

Wir wären bald gern wieder ein unkritischer Verbündeter, denn der Krieg ums Öl könnte die Weltwirtschaft wieder ankurbeln. Davon soll auch Deutschland profitieren, das wir in Zeiten des Aufschwungs gern wieder regieren möchten.

Gott schütze Sie, Herr Präsident, Ihr Land und unsere Zukunft.

INTERPRETATION: GEREON ASMUTH