thron-jubiläum, royal concert etc.: „Her Majesty’s a Pretty Nice Girl“: Sir Paul verneigt sich vor Königin Elisabeth II.
Pop saves the Queen
Sie kam im ungünstigsten Augenblick. Kurz zuvor hatte Dame Edna, die schwatzende Queen-Perücke aus Australien, etwas über ihren backyard erzählt und davon, dass bei der Königin doch gar keine 12.000 Leute reinpassen. Das gab ein ziemliches Gejohle zur Begrüßung: Nur Elisabeth II. im gorgonzolablauen Mantel sah ein wenig hilflos aus auf ihrer „Party At The Palace“, dem Stars-salute-the-Queen-Showdown, den BBC bis Mitternacht in den Garten hinterm Buckingham-Palast gezaubert hatte.
Offenbar sind die Begriffe und Ethics stark durcheinander gekommen, seit Elisabeth II. vor 50 Jahren den britischen Thron bestieg. Damals war Pop noch fürs Volk und die Konzerte in der Royal Festival Hall reine „Nights of the Proms“. Heute dreht man das Spektakel so lange zurecht, bis alle Zielgruppen vor Freude quietschen: Homosexuelle können bei Queen an Queer denken und sich schon zu Beginn des Konzerts an Ricky Martins leckerem Hüftschwung laben; für die Rock-am-Nippelring-Fraktion wurde Ozzy Osborne eingeladen; und ein paar Casting-Bands durften durch ein paar Motown-Medleys hüpfen, weil das Punkte bei den Teenies bringt. Tom Jones tigerte, Tony Bennett croonte, Atomic Kitten blieb die Stimme weg. Wer aber sang für Königin Elisabeth II.?
Nun, es war Sir Paul, der Macca, der McCartney unter den Beatles. Es war sein Abend ihr zu Ehren. Er durfte als Letzter eine halbe Stunde spielen und war wohl auch der Einzige, den Her Majesty überhaupt aus der Popmischpoke hören wollte. Als er schief sang, litt sie mit, als er ein Witzchen machte, wurde sie rot. So ist das bei älteren Damen mit der unerfüllten Liebe, die nicht geklappt hat, als die Fab Four von ihr den Orden bekamen, 1964. Da können abgewrackte Sixties-Barfliegen wie Steve Winwood, Rod Stewart oder Joe Cocker nicht gegenanbrüllen.
Gebrüllt wurde früher. Der letzte Jubiläumsstunk ist 25 Jahre her. Am 27. Mai 1977 veröffentlichten die Sex Pistols ihr Lied für Königin Elisabeth II.: „God save the queen“ war zwar nicht mehr ganz Geburtsstunde, sondern kommerzieller Höhepunkt von Punk. Aber Johnny Rottens Strophen, in denen sich Queen und „fascist regime“ reimten, hatten schwer den Ruch der Revolte. BBC sendete den Song während der Feierlichkeiten zum 25-jährigen Thronjubiläum nicht, obwohl er in den Verkaufscharts auf Nr. 1 stand – auch weil sämtliche großen Plattenläden die Single boykottierten. Stattdessen wurde Rod Stewart mit der Schlafzimmerschnulze „I don’t want to talk about it“ in einem Staatsakt auf Platz eins gesetzt, Rotten von Monarchisten mit dem Messer angegriffen. Solche Zuspitzungen wirken heute altmodisch. Die Trivialisierung der Verhältnisse im royalen backyard schafft da ganz andere Umwertungen. „Pop saves the Queen“, schließlich geht es nicht um Ehrerbietung und all den sonstigen Königsschmu, sondern um die Quote. So zumindest war Elisabeth II. noch einmal auf Sendung. Und der Song der Sex Pistols wurde letzte Woche auch wiederveröffentlicht. Schließlich hat er sein 25. Anti-Jubilee. HARALD FRICKE
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