taz.zahl ich Wir haben den taz-Grundgedanken der Solidarität erfolgreich in die digitale Ära übertragen. Im „grünen Salon“ wird weiter am Modell getüftelt: Die Zukunft fest im Blick
von Ilija Matusko
Der „grüne Salon“ ist, dem mondänen Namen zum Trotz, ein recht unscheinbarer Ort. Büromöbel, ein paar Tische, kistenweise Werbematerial, Plakate an den Wänden. Am ehesten bleibt einem noch der giftgrüne Teppich im Auge hängen. Hier hat sich, zwischen Hundespielzeug und Aquarium, das Projekt „taz.zahl ich“ in den letzten Jahren von einem bisweilen belächelten Spendenaufruf zu einer beeindruckenden Erfolgsgeschichte mit stetig wachsender Community entwickelt.
Dass der taz-Journalismus im Netz Geld kostet und finanziert werden muss, gerade wenn er unabhängig und frei bleiben will, mutet immer weniger als mahnende Beschwörungsformel an.
Im grünen Salon wird dieses Credo vom mittlerweile dreiköpfigen Team von „taz.zahl ich“ in die Tat umgesetzt. Das gelingt nur, weil die UnterstützerInnen von der paradox klingenden Grundidee des Modells überzeugt sind: Sie zahlen freiwillig für etwas, das sie auch umsonst haben könnten. Damit es für alle kostenlos bleibt.
20 Neuanmeldungen täglich
Momentan zahlen 7.000 Menschen regelmäßig dafür, dass die Lichter im taz-Gebäude und damit in der Onlineredaktion nicht so schnell ausgehen. Im Schnitt 6 Euro pro Monat. Vor allem 2015 hat die Unterstützung rasant an Fahrt aufgenommen – täglich gibt es bis zu 20 Neuanmeldungen. Das Team im Grünen Salon betreut sie, beantwortet Fragen, schickt Erinnerungsbriefe samt Schokolade raus und besänftigt den einen oder anderen ungehaltenen Anrufer, der „gefälligst den Freischaltlink zur taz im Internet“ haben möchte.
taz.de ist für alle frei und kostenlos. Momentan wird diese Freiheit von anderen Stellen querfinanziert, dies ändert sich aber gerade. Die Einnahmen sind im Vergleich zum Vorjahr kräftig gewachsen, insgesamt wurden 312.085 Euro im letzten Jahr erzielt (2014: 128.761 Euro), dank einer neuen Kampagne und weiterer Maßnahmen. Natürlich spielt bei der Akzeptanz des Modells die Berichterstattung auf taz.de die entscheidende Rolle. Die Menschen zahlen für den taz-spezifischen Blick auf das Weltgeschehen. Nur wenn die Inhalte in ihren Augen einen unverzichtbaren Mehrwert darstellen, sind sie bereit, dafür zu bezahlen.
Chancenloses Modell?
Wenn jemand die Zahl 10.000 oder sogar 20.000 in den Raum wirft, kann das „taz.zahl ich“-Team schon einmal verärgert reagieren. Das Ziel von 10.000 FreizahlerInnen 2015 wurde nicht erreicht. Aber die Erfolgsbilanz von „taz.zahl ich“ wird dadurch nicht geschmälert.
Vergegenwärtigt man sich die kritischen Stimmen zu Beginn, die dem Modell keinerlei Chance auf Erfolg geben wollten, wirken Gegenstimmen heute ungefähr so, als würde man jemandem, der sein eigenes Fahrrad zusammenschrauben will, ständig „Das fährt doch nie!“ zurufen. Wenn es dann aber doch fährt, ziemlich gut sogar, dann will man wissen, wann es endlich fliegen kann.
„taz.zahl ich“ hat den wunderbaren Beweis dafür geliefert, dass der taz-Journalismus auch in digitalen Zeiten mit der überwältigenden Unterstützung seiner LeserInnen rechnen kann. Auch in Zukunft versucht das Team, so viele Menschen wie möglich für die Idee der Freiwilligkeit im Netz zu gewinnen. An den 10.000 wird weiter festgehalten. Trotzdem stellen die inzwischen 7.000 UnterstützerInnen einen besonderen Meilenstein dar, denn im Jahr 1977 sicherte der Verkauf von 7.000 Vorabos die Gründung der taz.
Ilija Matusko ist Mitarbeiter der taz und bei „taz.zahl ich“
Schließen Sie sich an:www.taz.de/zahlich
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