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taz setzt sich vor Gericht durchKündigungsgründe nicht privat

Das Kammergericht hat der taz im Streit um Persönlichkeitsrechte Recht gegeben: Es ging um eine Wohnungskündigung wegen Eigenbedarfs.

Justitia, die Gerechtigkeit (Symbolbild). Foto: DPA

Marc Jahnel ließ nicht locker. Doch vor dem Kammergericht scheiterte der Eigentümer des Mietshauses Neue Hochstraße 48 im Wedding erneut. „Die (…) Beschwerde der Antragstellerinnen (…) hat in der Sache keinen Erfolg“, urteilte das Kammergericht am 15. Dezember. Die taz darf also weiterhin schreiben, dass Jahnel zugunsten seiner beiden Töchter langjährige Mieter mit einer Eigenbedarfsklage aus dem Haus vertreiben will. (Az. VIII ZR 232/15)

Damit folgte das Kammergericht einem Beschluss des Landgerichts vom 13. Oktober 2016. Jahnel und seine zwei Töchter hatten in einer einstweiligen Verfügung versucht, der taz die Berichterstattung über das Haus zu unterbinden. Anlass war ein Artikel vom 7. September über die Machenschaften des Hauseigentümers.

Über den Grund für die Kündigungen hatte die taz geschrieben: „Marc Jahnel hat zwei Töchter. Eine von ihnen ist 24 Jahre alt und will mit ihrem Freund zusammenziehen. Auch die jüngere Tochter (19) will nach dem Abitur in eine eigene Wohnung ziehen. Der besorgte Vater, heißt es im Kündigungsschreiben des Anwalts, ‚möchte deshalb, dass eine Bezugsperson in der unmittelbaren Nähe wohnt, die seiner Tochter bei der Eingewöhnungsphase zur Seite stehen kann‘.“

Die beiden Töchter hatten geltend gemacht, dass der Beitrag ihre Persönlichkeitsrechte verletze. Das wies nun das Kammergericht zurück. Zur Begründung heißt es: „Bei den beanstandeten Äußerungen handelt es sich, was die Mitteilung der Umzugsabsichten und der Lebensverhältnisse angeht – um wahre Tatsachenbehauptungen aus dem Bereich der Privatsphäre.

Die Angaben zum Alter und zu dem Verwandtschaftsverhältnis mit dem Vater sind der Sozialsphäre zuzuordnen. Insgesamt handelt es sich nicht um sensitive Daten und nicht um Sachverhalte,an denen ein erhöhtes Anonymitätsinteresse besteht.“

Der von der taz mit der Sache beauftragte Anwalt Johannes Eisenberg begrüßte den Beschluss: „Die Entscheidung des Kammergerichts macht deutlich, dass sich die Rechtsprechung des BGH, nach der grundsätzlich wahre Berichte hinzunehmen sind, auch in Berlin durchsetzt.“ Noch 2007 nämlich hatte das Kammergericht in einem ähnlichen Fall zugunsten des Vermieters entschieden.

Allerdings hat der BGH in der Zwischenzeit nicht nur das Interesse der Öffentlichkeit an solchen Kündigungen anerkannt. Gleichzeitig hat er auch Eigentümerrechte bei Eigenbedarfskündigungen ausgeweitet. Kauft eine Gesellschaft von sieben Personen ein Haus, dürfen diese sieben jeweils Wohnungen für sich und ihre Angehörigen beanspruchen. „Diese rechtliche Möglichkeit fördert eine regelrechte Entmietungsindustrie“, kritisiert Eisenberg.

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3 Kommentare

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  • Wo ist die "Ungerechtigkeit", wenn jemand ein Haus kauft und darin wohnen möchte?

     

    Immoblienbesitzer SIND Kapitalisten. Ganz nebenbei und ganz offiziell. Bevor Sie mir jetzt widersprechen, schauen Sie zuvor bitte mal in Liste der DAX-Unternehmen.

     

    Und seit wann ist Kapitalismus laut GG verboten? Sie werden sich noch wundern, wenn CETA die letzten Reste des sozialen Wohnungsbaus hinweggefegt hat.

     

    Ich persönlich kann den Besitzer verstehen. Warum soll er für seine Töchter bei Immobilienhaien teurere Wohnungen anmieten, wenn er selbst welche besitzt? Würden Sie doch auch nicht machen wollen, oder?

  • Man darf nich schweigen, wenn irgendwo Ungerechtigkleit geschieht. Wenn alle schweigen, dann wird es so weiter gehen, und es kommen keine Besserungen.

     

    Viele Immobilienbesitzer handeln wie Kapitalisten. Dabei ist Kapitalismus in unserem Land nicht gestattet.

     

    Es gab und es gibt viele Menschen wie Rosemarie Fließ, die überhaupt nicht wissen, was sie tun müssen, wenn bspw. eine Mieterhöhung oder Zwangsräumung angekündigt wird. Dabei steht das Grundgesetz an der Seite von Mietern. Und wenn nicht jeder Mensch genug Geld hat, sich einen guten Anwalt zu leisten, dann müssen Zeitungen wie TAZ als richtige Patrioten Deutschlands mit Worten der Wahrheit entgegen treten!

    • @Stefan Mustermann:

      Durchaus zutreffend, Ihr Text. Aber welcher Teufel hat Sie denn hier geritten: " Dabei ist Kapitalismus in unserem Land nicht gestattet." ?