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taz panter stiftung

taz Panter Preisverleihung Ein Ort des Austausches

In Bochum erhält das KulturQuartier Schauspielhaus Erfurt den zweiten Panter Preis 2025. 70 Ehrenamtliche verwandeln hier das leerstehende ehemalige Theater in einen kreativen Begegnungsraum.

Haben gut lachen: Tely Büchner und Thomas Schmidt vom KulturQuartier in Erfurt Foto: Kyaw Soe

taz Panter Stiftung |Aus der Berliner Blase sollte die Verleihung des taz Panter Preises in diesem Jahr treten, erzählt Gemma Terés Arilla, Leiterin der taz Panter Stiftung, in ihrer Eröffnungsrede. Vom „Wort zur Tat“, so auch das Motto der Stiftung, die die Preisverleihung organisiert.

Nun steht die Bühne mit der bunten Panter-Skulptur aufgebaut in der Sportsbar Three Sixty im „Bermudadreieck“, dem Kneipenviertel Bochums, in dem an diesem Wochenende auch das Musikfestival Bochum Total stattfindet. Statt um Bundesliga und Burger geht es heute im Three Sixty aber um zivilgesellschaftliches Engagement, das die taz Panter Stiftung mit der Verleihung des Preises unterstützen und ehren will.

Noch wird auf den Bühnen rund um die Sportbar keine Musik gespielt, trotzdem herrscht reges Treiben in der Fußgängerzone. Immer wieder bilden sich Menschentrauben, die von der Straße das Programm auf der Bühne verfolgen. Ein Mitarbeiter vom Fahrradladen gegenüber verfolgt das ganze Programm im Live-Stream. Er sei immerhin langjähriger Genosse und freue sich, dass die taz direkt bei seinem Arbeitsplatz eine Veranstaltung mache. Übrigens in der gleichen Straße, wo auch früher die NRW-Redaktion der taz angesiedelt war, wie er anmerkt.

Preisverleihungen in Halle und Bochum

Auch Moderator Gereon Asmuth, Leiter des Regie-Ressorts der taz, ist als gebürtiger Bochumer begeistert, dass die feierliche Preisvergabe „in der schönsten Stadt der Welt“ stattfindet. In diesem Jahr unter dem Motto: „Zusammen:Halt! – für ein friedliches und menschliches Miteinander“. Vor einem Monat wurde der erste von zwei Panter Preisen in Halle, Sachsen-Anhalt, an das Bündnis Kaiserslautern gegen Rechts verliehen. Dieses organisiert Demonstrationen und setzt mit Präventions- und Erinnerungsarbeit ein Gegengewicht zum erstarkenden Rechtsextremismus in der Pfalz.

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taz Panter Preisverleihung 2025 in Bochum

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Insgesamt sind aus 120 Bewerbungen acht Initiativen in beiden Städten zusammen nominiert gewesen. Über 6.600 Stimmen wurden von taz-Leser*innen und weiteren Interessierten dafür abgegeben, wer den mit 5.000 Euro dotierten Preis erhalten soll. Nur wer wird ihn hier im Westen der Republik entgegennehmen?

Ebenso wie in Halle gibt es in auch in Bochum ein Rahmenprogramm, diesmal passend zum drumherum stattfindenden Musikfestival: Im Podcast „Mauerecho – Ost trifft West“ spricht Host Dennis Chiponda mit den Musikern Simon Klemp alias Schimmerling und Johannes Prautzsch der Band Kind Kaputt über die Einheit von Ost und West in der deutschen Musikbranche.

Unermüdliches Engagement

Im Kulturtalkformat „lost & found“ hat Moderator Moritz Martin wiederum den Rapper Mike Rohleder (257ers) und Punklegende Wolfgang Wendland (Die Kassierer) geladen, um über Musik, Politik und das Ruhrgebiet zu sprechen. Beide sind politisch engagierte Menschen. Einfach politische Botschaften Songtexte zu packen, reiche nicht, meint Wendland. Es sei vielmehr eine längerfristige Sache, für die Demokratie zu kämpfen. „Man erreicht wenig mit billiger Symbolik.“

Besser als mit diesem Satz lässt sich auch das unermüdliche Engagement der vier nominierten Initiativen kaum beschreiben; sie sind weit davon entfernt, sich nur symbolisch für Demokratie und Zusammenhalt einzusetzen. Journalist Jan Scheper, der einst der erste Online-Volontär der taz war, sagt in seiner Laudatio bewundernd: „Ihr fordert Leitplanken für das Miteinander ein. Rücksichtnahme, Akzeptanz, Verständnis, Achtung. Und ihr fordert immer das notwendige Gespräch dazu ein.“ Jede Initiative auf ihre eigene Art.

Alle Nominierten mit Moderator Gereon Asmuth (m.) auf der Bühne Foto: Kyaw Soe

Da sind zum Beispiel die Stammtischkämpfer*innen, ein bundesweites Projekt des Bündnisses Aufstehen gegen Rassismus, das buchstäblich dazu einlädt, dort ins Gespräch zu gehen, wo es anstrengend wirtd und darum oft der Mut dazu fehlt. Sie organisieren Workshops und Seminare, wo Strategien gelernt werden können, um rechtsextremen Parolen am Stamm- oder Familientisch die Stirn zu bieten, um auf Pöbeleien zu reagieren, damit diese nicht unwidersprochen im Raum stehen bleiben.

Klimabildung und sensibilisierte Ärzt*innen

Glücklicherweise verläuft die Preisverleihung trotz exponierter Lage pöbelfrei. Nur einmal schiebt ein älterer Mann sein Fahrrad an der Veranstaltung vorbei und grummelt leise in seinen Bart: „Scheiß taz!“. Eine der ausgelegten taz-Wochenendausgaben nimmt er nicht mit.

Ebenso nominiert: Die Public Climate School des Vereins Klimabildung. Das Projekt organisiert Bildungsformate, in denen Expert*innen an Schulen und Universitäten sowie online über die Klimakrise aufklären. Bundesweit koordinieren sie Aktionswochen und Veranstaltungen, die der Frage praktisch auf den Grund gehen: Wie können wir klimagerecht handeln?

Rahmenprogramm der Panter Preisverleihung mit Punklegende Wolfgang Wendland Foto: Kyaw Soe

Queermed, das von Samson Grzybek gegründet wurde, setzt sich deweil für eine diskriminierungsfreie Gesundheitsversorgung ein, die für marginalisierte Gruppen leider immer noch nicht selbstverständlich ist. Einerseits indem ein deutschlandweites Verzeichnis von sensibilisierten Ärzt*innen und Therapeut*innen zur Verfügung gestellt wird, andererseits durch Aufklärungsmaterialien für medizinisches Personal.

Erfurter KulturQuartier soll ab 2026 eröffnet werden

Vierter und letzter Nominierter ist das KulturQuartier Schauspielhaus in Erfurt. Der Gruppe von rund 70 Ehrenamtlichen ist es gelungen, das seit 2003 geschlossene Schauspielhaus der Stadt für die Bevölkerung zurückzugewinnen. In Zusammenarbeit mit anderen Kulturprojekten soll das Haus in einen kulturellen Begegnungs- und Bewegungsraum verwandelt werden, der ab 2026 schrittweise eröffnet werden soll.

Am Ende zieht Laudator Jan Scheper den Namen des Erfurter KulturQuartiers aus dem goldenen Umschlag. Nachdem in Halle das einzige nominierte Projekt aus dem Westen gewonnen hat, ist es hier im Ruhrpott die einzige ostdeutsche Initiative. Tely Büchner und Thomas Schmidt aus dem Vorstand des KulturQuartiers nehmen den bunten Panter „sprachlos, aber unglaublich stolz“ entgegen.

Ein Jahrzehnt Arbeit sei bisher in das Projekt geflossen, der Preis sei daher eine tolle Bestätigung, sagt Schmidt im Anschluss. Auch für die über 1.000 Mitglieder in der Genossenschaft des KulturQuartiers Erfurt. Büchner und Schmidt ist es aber auch wichtig Bürger*innen anderer Städte zu ermutigen, aktiv zu werden: „Nehmt euch eure Stadt! Gestaltet sie!“, fordert Büchner auf der Bühne.

Am späten Nachmittag sind die ersten Töne der Livebands von den nahegelegenen Bühnen zu hören. Fast so als würden sie die Forderung der Erfurter unterstreichen wollen. Oder zumindest den Zusammenhalt der Engagierten untereinander feiern wollen.