"taz"-Panter-Preis-Verleihung 2011: "Nichts muss bleiben, wie es ist"
Er bringt Männer zum Weinen und sie kämpft gegen brutale Traditionen in ihrer Heimat Guinea: Kazim Erdogan und Hadje Kaba sind die Panter-Preisträger 2011.
BERLIN taz | Am Ende waren es zwei Helden, die nicht in Deutschland geboren sind, aber in diesem Land Unglaubliches leisten: Die diesjährigen Panter Preise gehen an Kazim Erdogan, der den Preis der Jury entgegennahm, sowie Hadje Kitagbe Kaba, die von den taz-LeserInnen ausgezeichnet wurde. Er, weil er in seinen türkischen Männergruppen in Berlin-Neukölln Väter zum Weinen bringt. Sie, weil sie, weit entfernt von ihrem Heimatland Guinea, gegen die brutale Tradition der weiblichen Beschneidung kämpft.
Das Preisgeld von jeweils 5.000 Euro fließt in die ehrenamtliche Arbeit der zwei Gewinner. "Merci, merci, merci, encore merci", entfuhr es Hadje Kaba, als sie den in eine taz gewickelten Panter entgegennahm. Mutter, Tochter, eine komplette Frauenriege war zu ihrer Unterstützung ins Deutsche Theater gekommen. "Ihre eigene Geschichte zeigt, dass nichts bleiben muss, wie es ist, dass wir zu Veränderungen in der Lage sind", sagte die Schauspielerin Jasmin Tabatabai in ihrer Laudatio. Kaba nämlich wurde selbst beschnitten, als Mädchen von sieben Jahren.
"Ich danke allen Nominierten, weil ein Projekt schöner ist als das andere", sagte Kazim Erdogan. Gemeinsam mit Kaba und ihm waren Rosemarie Lüttich, die Analphabeten das Lesen und Schreiben beibringt, und Eberhard Radczuweit nominiert, der überlebende sowjetische Kriegsgefangene um Verzeihung bittet und Spenden für sie sammelt, sowie Petra Wollny, die die Talente sozial benachteiligter Kinder fördert, und Norbert Denef, der sich für Betroffene von sexualisierter Gewalt einsetzt.
Die Rede von Elke Schmitter zur Panter-Preis-Verleihung 2011 können Sie hier lesen. Schmitter ist Mitglied im Stiftungskuratorium der taz Panter Stiftung. Schmitter war von 1992 bis 1994 Chefredakteurin der taz. Heute gehört die Schriftstellerin der Spiegel-Redaktion an.
In seiner Laudatio lobte der Kabarettist und Journalist Martin Stankowski Kazim Erdogan als Vorreiter: "Erdogan glaubt nicht an die verpflichtenden Gebote dieser Welt, die auch immer von Männern formuliert und kontrolliert werden. Sein Projekt sollte auf die ganze Republik ausgeweitet werden."
Durch die zweistündige Verleihung führten Katrin Bauerfeind und Gereon Asmuth als Moderatoren-Paar sowie musikalisch die Kölner Indie-Band Erdmöbel. Der taz Panter Preis ist ein Projekt der taz Panter Stiftung und wird jedes Jahr sozial engagierten "HeldInnen des Alltags" verliehen, die ihre gesellschaftliche Verantwortung erkannt haben und sich in ihrem Umfeld für eine gute Sache einsetzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?