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taz Medienkongress 2011Das falsche Ende der Revolution

Mit dem Internet kam die Hoffnung auf eine demokratische Kommunikation. Doch inzwischen ist die Stimmung depressiv. Es geht fast nur noch um Gewinne.

Was hat uns die Kommunikations-Revolution der Blogs gebracht? Bild: reuters

Für die Käufer und Lesenden der taz war die Idee, die sie mit Blick auf die vor 31 Jahren gegründete alternative Tageszeitung hatten, immer klar: Worauf es publizistisch ankommt, muss wichtig sein, muss aufklären, muss der Wirklichkeit wenigstens einen Spiegel vorhalten, und sei es auf unterhaltsame Art. Die taz sollte der Fantasie von der Presse als vierter Gewalt echtes Leben verpassen - Medien wie der taz ging es nie um leichte Konsumierbarkeit oder gar den verlegerischen Profit.

Als dann, Ende des vorigen Jahrhunderts, das Internet zum dominierenden Medium informatorischer Aufbereitung zu werden begann, sprach die Medienbranche, disputierte die Kommunikationswissenschaft über eine "Revolution" - über demokratische Formen der Kommunikation (Blogs). Die Stimmung in der Medienszene ist freilich inzwischen eine depressive: Von Krise der Medien ist die Rede und davon, dass Zeitungen keine Zukunft mehr haben. In den USA sind in den vergangenen Jahren wichtige Zeitungen eingestellt worden - das war die radikale Variante. Oder durch die Entlassung von Journalisten in Teamstärke - die Ausdünnung der Redaktionen war zugleich auch immer eine krasse Einbuße von Kompetenzen.

Mit diesem Krisenbefund im Blick war auch ein Motto geboren, das für das zweite taz.lab im Mittelpunkt steht: "So haben wir uns die Revolution nicht vorgestellt". Es wird, am 8. und 9. April im Berliner Haus der Kulturen der Welt, ein Medienkongress, der zur kritischen Bilanz einlädt: Ist die Presse, einst als vierte Gewalt zur Kontrolle der Mächtigen wichtig, nicht längst ein Wirtschaftszweig geworden, der unter der Maxime der Gewinnerzielung allein steht? Ist durch die Verkleinerungen und Schließungen von Redaktionen nicht die Gefahr größer denn je, dass Zeitungen zu Spielwiesen von lobbyistischen Interessen werden? Ist die Öffentlichkeit, in der Medien wirken und die sie mit begründen, nicht allenthalben eine rückgratloser Raum geworden, in dem alles zählt, nur nicht das, was für die Idee eines Gemeinwesens zu erörtern relevant wäre?

taz Medienkongress 2011

Das taz.lab medien in Kooperation mit der Freitag-Fabrik findet im Haus der Kulturen der Welt in Berlin statt. Er beginnt am Freitag, 8. April 2011 ab 18 Uhr mit einer Auftaktveranstaltung und wird am Samstag, 9. April 2011 ganztägig fortgesetzt.

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Eintrittskarten für den taz Medienkongess 2011 können ab dem 15. Januar 2011 bestellt werden, entweder im tazshop direkt in der Rudi-Dutschke-Straße 23 oder via Internet. Die Karten kosten 10, 20 oder 30 Euro. Wir stellen es unseren BesucherInnen frei, einen dieser Preise zu wählen.

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Das taz.lab medien ist erreichbar unter taz.lab@taz.de.

Wir, die taz, wollten diesen Kongress allerdings nicht allein veranstalten, den Anspruch auf Haltung im großen Einerlei und Kompetenz wollten wir teilen. So kooperiert die taz nun für diesen Medienkongress mit der Wochenzeitung Der Freitag. Diese bringt zu dieser Veranstaltung ihre Freitag-Fabrik mit ein - obendrein hat sie ihre britischen Freunde vom Guardian mit eingeladen. Und diese, wichtigste Zeitung der kritischen Öffentlichkeit in Großbritannien, sagte zu.

Gewonnen haben wir auch die Internet-Plattform Der Perlentaucher, die von unserem ehemaligen Kollegen Thierry Chervel mitbegründet wurde - es ist die wichtigste Informationsbörse im Netz im Hinblick auf die Kultur- und Feuilletondebatten in Deutschland.

Mit dabei sind auch die Gruppe Reporter ohne Grenzen sowie die allmonatlich der taz beiliegende Monatszeitung Le Monde diplomatique, global informierendes und analysierendes Medium. Die taz Panter Stiftung wird das taz.lab Medien ebenfalls zu ihrer Sache machen.

Kommen Sie im April nach Berlin zum Medienkongress - es kann Ihnen nicht einerlei sein, dass die Krise der Medien sich mehr und mehr zu einer der Öffentlichkeit auswächst.

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3 Kommentare

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  • D
    denninger

    Nur weil jeder die Möglichkeit hat, in den Äther hinauszubrüllen ist das Internet noch lange nicht "demokratisch".

    Demokratie ist eben nicht nur die Freiheit, seine Meinung äussern zu können sondern auch das Recht, angehört zu werden.

    Die meissten Blogger könnten ihre Ergüsse ebenso gut auf den Badezimmerspiegel schreiben und würden damit sogar mehr Leser erreichen.

  • WW
    william wolfo

    Wir haben kein Problem mit der Technik, mit der Außenwelt, es ist die Welt in uns, die uns unbekannt wurde.

  • RK
    Rüdiger Kalupner

    Der Exodus aus dem herrschenden Vor-Machtsystem der KAPITALSTOCKMAXIMIERER, die ein 2%Wachstumszwang-Regime installiert haben, funktioniert nach den Erkenntnissen der Politologen n u r, wenn eine revolutionäre Gruppe existiert, die das Exodus- und Übergangswissen in die folgende Gesellschaftsordnung projektfähig drauf hat. Das ist die notwendige Bedingung für die REVOLUTION, und nicht die Pressefreiheit. Dieses Wissen ist seit Jahrzehnten vorhanden und es wurde den taz-Redakteuren verschiedentlich angeboten - sogar per zweiseitige Anzeige im August 1986. Alles umsonst. Für dieses Versagen der taz-Redaktion gibt es nur wenige Gründe.

     

    Der wahrscheinlichste ist:

    Offensichtlich möchte auch die taz nur noch Gewinne machen und auch die GRÜNEN am Leben erhalten, deren Spitzen nichts mehr fürchten, als dass das evolutionsprozess-eigene Exodus- und Übergangsprojekt-Wissen in die öffenltiche Diskussion gerät und die Parteinlandschaft revolutioniert, d.h. die GRÜNEN überflüssig macht.

     

    Ich kann nur nur ironisch zu Euch sprechen: Macht nur Euren Kongresse. Die Musik-der-Revolutionäre wird woanders gespielt und gehört.

     

    Anmerkung: Zum Beitrag von Jakob Augstein 'Die Presse liegt schon im Bett' habe ich nachfolgend mitgeteilten Leserkommentar v. 11.12.2010 geschrieben. Er wird sicherlich auch nicht gepostet. Soweit ist es schon gekommen, dass die taz-Redaktion diesen Kanal vestopft.

     

    "Taz und 'Freitag' können ganz beruhigt ihren Kongress abhalten. Es ist wie in Cancun. Dort Klima-Veränderung, hier Medienlandschaft. Die Wirkung und der angestrebte Erfolg werden ausbleiben. Der Aufwand nutzlos. Und dies ist gut so.

     

    Für evolutionsprozess- und chaosphysikalisch informierte Systemdenker ist es beruhigend zu wissen, dass das gesellschaftliche Schicksal der Menschen n i c h t von den machtstabilisierenden oder machtkritischen Medien oder den Journalisten abhängt, sondern allein von der Qualität der Systemdenker abhängt - genauer von deren operationalen und projektfähigen Erkenntnisstand über das Exodusprojekt, das die sich aufschaukelnde Systemkrise im Weltindustriesystems beenden wird und deren fast-geheime Steuerungs- und Machtspitze-a-la-Rumpelstilzchen stürzen wird.

     

    Der Grund für die Unbedeutendheit der unabhängigen Medienmacher liegt hier: sie wollen oder können den vorhanden Erkenntnisstand der evolutionären Systemdenker nicht nachvollziehen."