Selbstverständnis von Journalisten: Die Pressefreiheit liegt schon im Bett
Wer sich um die Unabhängigkeit der Presse sorgt, muss sich mit der Abhängigkeit der Journalisten befassen. Denn viele von ihnen haben inzwischen ein Problem mit ihrer Haltung.
Der perfekte Journalist ist immer ein Fremder." Gay Talese hat das gesagt, der große amerikanische Reporter, Abkömmling italienischer Einwanderer. Er war Kind einer Zeit, in der Journalisten und Politiker aus zweierlei Holz geschnitzt waren, in der sie Angehörige verschiedener Klassen waren, in der sie ihre Kinder nicht auf dieselben Schulen schickten und ihr Mittagessen nicht in denselben Restaurants verzehrten.
Das ist Vergangenheit. In Amerika, in Europa, in Deutschland. In Berlin wird der Anchorman einer der wichtigsten Nachrichtensendungen zum Regierungssprecher, und die Verwunderung hält sich in Grenzen. Dabei sollte sie grenzenlos sein. Es ist gefährlich, wenn sich die Mächtigen und die Medien zu nahe kommen. So war das nicht gedacht mit dem Journalismus.
Das Motto von Joseph Görres, Herausgeber des Rheinischen Merkur, lautete noch "den Pfuhl unseres öffentlichen Lebens … sondiren bis zu seinem innersten und tiefsten Grunde; ich will der Welt kundig machen, was es ist was Reiche verdirbt, Völker zu Schanden macht, und Teutschland an den Rand des Unterganges gebracht". Das liest sich auch nach annähernd 200 Jahren nicht so schlecht. Eine Menge deutscher Politjournalisten sollte sich das merken.
Das taz.lab medien in Kooperation mit der Freitag-Fabrik findet im Haus der Kulturen der Welt in Berlin statt. Er beginnt am Freitag, 8. April 2011 ab 18 Uhr mit einer Auftaktveranstaltung und wird am Samstag, 9. April 2011 ganztägig fortgesetzt.
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Eintrittskarten für den taz Medienkongess 2011 können ab dem 15. Januar 2011 bestellt werden, entweder im tazshop direkt in der Rudi-Dutschke-Straße 23 oder via Internet. Die Karten kosten 10, 20 oder 30 Euro. Wir stellen es unseren BesucherInnen frei, einen dieser Preise zu wählen.
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Das taz.lab medien ist erreichbar unter taz.lab@taz.de.
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Jakob Augstein ist Verleger der Wochenzeitung der Freitag.
Wenn zwei Zeitungen wie die taz und der Freitag gemeinsam einen Medienkongress veranstalten, dann werden sie sich also mit dieser Frage befassen müssen: Als was verstehen sich Journalisten heute? Als Kontrolleure oder als Moderatoren der Macht? Das ist kein Spaß, dieses "Sondiren bis zum innersten und tiefsten Grunde". Als die Internetplattform Wikileaks ihren bislang größten Coup landete und Akten des US-amerikanischen Außenministeriums im Umfang von etwa 14.000 Seiten veröffentlichte, da gab es nicht wenige deutsche Journalisten, denen beim Blick von diesem annähernd 25 Meter hohen Papierstapel hinab in den Abgrund der Macht schwindelig wurde.
Der Herausgeber der Zeit, Josef Joffe, sprach schlicht von "Hochverrat". Da ist er wieder, Adenauers "Abgrund von Landesverrat", ein halbes Jahrhundert später, diesmal aus dem Mund eines Journalisten.
Wer sich heute um die Unabhängigkeit der Presse sorgt, muss sich vor allem mit der Abhängigkeit der Journalisten befassen, und zwar mit der selbst gewählten. Wir haben nicht so sehr ein Problem der Rechtslage, sondern eines der Haltung. Jene Kollegen, die die Wikileaks-Veröffentlichungen unter dem Gesichtspunkt der Legalität sahen, wurden dazu nicht gezwungen. Sie taten das freiwillig. Sie wollen Herrschaft nicht kritisieren, sondern stabilisieren. Sie haben es sich im System gemütlich gemacht, sich selbst embedded, um den Begriff der PR-Strategen der US-amerikanischen Armee zu benutzen. Sie haben dabei die Pressefreiheit gleich mit zu Bett gebracht. Einen Vorteil hat das, immerhin: Es wäre leicht zu ändern. Die Journalisten müssten nur den schwer zu übersetzenden Rat von Lucy McLane aus "Die Hard 4" beherzigen: dig deep for a bigger set of balls.
Man darf mit Blick auf den medialen Mainstream bezweifeln, dass sie das tun - oder fündig werden. Die mediale "Revolution", auf die der Titel unserer Veranstaltung hinweist, kann diese Lücke füllen. Wikileaks stößt bei den Mächtigen und ihren Medien deshalb auf so heftige Feindschaft, weil es sich der institutionalisierten Kontrolle entzieht und dennoch wirksam ist.
Kein Wunder, dass Wikileaks-Gründer Julian Assange gleichsam als Terrorist gilt. Der Vergleich mit den Angriffen vom 11. September 2001 war erhellend. Übrigens lautet eine zulässige Übersetzung des arabischen al-Qaida "Datenbank". Wikileaks spürt jetzt den kalten Systemwind von vorn: Assange in Haft, die Geldströme beschnitten, der Netzzugang erschwert.
Die mediale Revolution, in der sich der kritische gegen den bequemen Geist in Stellung bringt, ist kein einfacher Siegeszug. Es ist ein hartes Geschäft, mit den Mitteln der Öffentlichkeit das Anliegen der Gegenöffentlichkeit zu betreiben - die taz und der Freitag kennen sich da aus.
Die Fremdheit, von der Gay Talese spricht, hat einen Preis. Man sollte sich da keine Illusionen machen. Darauf spielt der Titel unseres Kongresses an: "Die Revolution haben wir uns anders vorgestellt". Das bedeutet auch: Einfacher wird es für uns alle nicht werden.
Leser*innenkommentare
Selpeter
Gast
Klasse Artikel von Jakob Augstein. Ich habe auch grossen Respekt, dass die taz den Artikel des Verlegers einer Konkurrenzzeitung veröffentlicht.
Für mich der beste Artikel des Jahres 2010.
Tassilo Heinss
Gast
13.12.2010 11:09 Uhr:
von Anja:
Das beschreibt die Misere der taz auf den Punkt.
Ansonsten schweift der Blick in die Noblesse journalistischen Selbstverständnisses, es geht auch eine Nummer irdener:
ein Journalist muß seine Brötchen verdienen und dafür muß er veröffentlichen. Wer nun entscheidet, was in die Zeitung kommt? Tja, und da wären wir mitten im Filz eigener Systemstrukturen....
korruptas_ministerias
Gast
Kommentar überflüssig....
„Wir danken der Washington Post, der New York Times, dem Time Magazine und anderen großen Medien, deren Direktoren an unseren Treffen teilgenommen und ihre Zusagen für Diskretion seit fast 40 Jahren eingehalten haben.
Es wäre unmöglich gewesen, dass wir unseren Plan für die Welt-Herrschaft hätten entwickeln können, wenn wir Gegenstand der öffentlichen Beobachtung gewesen wären. Aber die Welt ist jetzt weiter entwickelt und darauf vorbereitet, in Richtung einer Welt-regierung zu marschieren. Die supranationale Souveränität einer intellektuellen Elite und der Weltbänker ist sicher der nationalen Souveränität, wie sie in der Vergangenheit praktiziert wurde, vorzuziehen”.
David Rockefeller – 1991
Bart
Gast
Das Anbiedern an die Macht und deren Vertreter ist ja der eine Fehler von Journalisten, der andere ist, sich selbst zu den Mächtigen zu zählen - bzw. die jeweilige Medienmacht so auszuspielen, dass man als (Leit)Medium tatsächlich ein wie auch immer geartetes politisches Mitspracherecht hat. Wenn das zum Selbstverständnis werden sollte, dann soll das, was von dem "Qualitätsjourmalismus" noch übrig ist, gerne untergehen. Nicht nur der Zeit-Chef geht da erkennbar diesen Weg, sondern auch z.B. Di Lorenzo, der ja vorgestern bei Anne Will genau in dieses Horn stieß. Überhaupt: Will soll ja auch sowas wie seriöser Journalismus sein - aufgegriffen werden dann Schlagzeilen aus "Bunte" und ständig die selben Dampfplauderer eingeladen. Was ein weiteres Problem des Journalismus ist: die Experten-Hörigkeit. Keine Zeit zum selber Recherchieren, dann lassen wir es uns mal von 'nem Experten erklären...
Die Ideologie-Keule, die regelmäßig gegen taz und freitag in Stellung gebracht wird, zieht meiner Meinung nach überhaupt nicht, denn auch machterhaltende journalistische Strategien sind Ideologie. Dadurch, dass man eben sagt, dass es/man un- bis antiideologisch ist und man sich nur an den Realitäten orientiert, stellt man nicht nur die aktuelle Lage des Journalismus als etwas normales, ja natürliches hin. Wenn etwas "natürlich" im Gegensatz zu künstlich ist, scheint es viel schwerer zu verändern - und das ist Ideologie in Reinform!
xonra
Gast
Die schärfste Massnahme gegen freie und unabhängige Journalisten war die zwischen der Innenministerkonferenz und den Gewerkschaften (2006) "ausgehandelte" Vergabe von Presseausweisen. Wer nicht mindestens 8400 Euro p.A. verdient, erhält keinen Presseausweis.
Klaus D.
Gast
Guter Artikel. Nur eine kurze Bemerkung: Die junge Dame aus "Die Hard 4.0" heißt Lucy McClane.
Jeeves
Gast
14.000 Seiten = 25 Meter hoch?
Meine 4.000 Seiten Proust sind 0,12 Meter hoch, wenn ich sie hinlege. Sagen wir mal, die vierzehntausend Seiten sind nur einseitig bedruckt, auch dann ist der Stapel nur etwa einen Meter hoch. Keine 25.
Ansonsten hat Herr Augstein natürlich Recht.
Anja
Gast
Sorry, liebe Taz. Aber wenn man in den vergangenen Monaten, ganz konkret seit dem Wechsel der Chefredakteurin, sich eure Berichterstattung zum Beispiel zum Thema Stuttgart 21, der Integrationsdebatte oder aber dem Castor-Transport ansieht, dann muss man zu dem Schluss kommen, dass ihr nicht unabhängig seid. Ihr habt euch bei diesen Fragen immer einer Sache gemein gemacht. Eine Zeitung darf und soll eine Meinung, einen Standpunkt haben. Aber ihr habt nur noch die Aspekte erwähnt, die euren Standpunkt stützen - und wichtige Fakten dabei gerne nicht erwähnt. Zudem habt ihr mit den neuen digitalen Möglichkeiten tatsächlich euch daran beteiligt, Kampagnen zu organisieren. Insofern muss ich euch leider attestieren, dass ihr selber ein Teil einer PR-Maschinerie geworden seid - und nicht mehr unabhängig berichtet, sondern Kampagnenjournalismus betreibt.
Sorry, aber zu sagen: Widerstand ist sexy ist das eine. Wenn ich demonstrieren will, gehe ich demonstrieren, da brauche ich keinen Taz-Live Ticker. Von einer Zeitung will ich informiert (und manchmal auch unterhalten) werden, sonst kann ich sie nicht mehr ernst nehmen.
Marc
Gast
Wer nur über Wikileaks berichtet und nicht auch über die Depeschen sollte wirklich lieber Pressesprecher werden und nicht länger als Journalist arbeiten.
Die Rechnung, ob eine Veröffentlichung gerechtfertigt bzw. moralisch ist, ist für mich auch sehr einfach.
Wenn ein Staat ein Geheimnis nicht geheim halten kann und dieses nicht direkt Menschenleben gefährdet, soll man es doch bitte veröffentlichen (egal ob man Wikileaks oder ein Journalist ist), wobei natürlich noch zu fragen ist, welchen Erkenntnisgewinn man daraus ziehen kann.
rribert
Gast
Was für eine größere Hurerei gibt es, als mit den Mächtigen der Politik und Wirtschaft zu einem konspirativen Treffen zu fahren? Joffe, Burda und einige andere waren alls schon bei den Bilderbergern eingeladen.
vic
Gast
Ein gutes Beispiel für die Komplizenschaft von Journalismus und Politik in der BRD sind die Wikileaks-Cables
Während wir mit Boulevard Klatsch über Westerwelle und Merkel zugeschüttet wurden, blieb die wahre Botschaft im Verborgenen.
Zum Beispiel, dass die USA Karsai zwingen wollten, das Sreumunitions-Verbot in Afghanistan wieder aufzuheben. Und vieles mehr, das man zwischen den Zeilen oder in wenigen politischen Formaten suchen muss - und dann auch findet.
ambee
Gast
Thomas Leif, Vorsitzender Netzwerk Recherche "...dass die PR-Industrie in der Lage ist Top-Journalisten abzuwerben. Und im Grunde sind auch im Berliner Milieu, die Agenturen am erfolgreichsten, die von Topjournalisten beraten oder auch beflügelt werden, weil die genau das tun, dass sie in das System möglichst lautlos des Journalismus eindringen und dort ihre Botschaften vermitteln. "
Hajo Schumacher, Journalist und PR-Lehrer "...die Verhältnisse, die Kräfteverhältnisse von PR und Journalismus haben sich in den letzten Jahren dramatisch verschoben. Im politischen, wirtschaftlichen, im Verbände-Berlin arbeiten mehr Journalisten auf PR-Seite, als auf unabhängiger journalistischer Seite. Da ist die entscheidende Frage: Sind wir als journalistisches System eigentlich noch zur Gegenwehr in der Lage oder wird nicht alles durch-pr-isiert?"
Christian Wulff, Bundespräsident
"Die Gefahr für die Demokratie ist, dass Menschen die Streitfragen nicht mehr so aufbereitet werden, dass sie selbst teilnehmen können, Einfluss nehmen können, sich ein eigenes Urteil bilden können. ... Dazu, um das zu ermöglichen, braucht man qualifizierte Journalistinnen und Journalisten in ausreichender Zahl, weil es eben immer schwieriger wird, kompliziertere Sachverhalte mit Grafiken, mit Erklärungen, mit Hintergründen zu versehen. Ohne Pressefreiheit, ohne Meinungsfreiheit gibt letztlich keine Demokratie. "
Michael Rediske, Reporter ohne Grenzen:
"Ich sehe auch gerade in Europa den Einfluss der PR auf den Journalismus als das größere Problem, als größeres Problem, verglichen mit staatlichem Einfluss, jedenfalls in den EU-Ländern. Das hängt natürlich auch mit den knappen Ressourcen zusammen. Dass immer mehr PR-Leute auf immer kleinere Redaktionen stoßen und in den Redaktionen immer mehr PR-Material direkt übernommen wird, das ist sicherlich eine Gefährdung der Pressefreiheit, weil es den Kunden, den Lesern, den Zuschauern nicht mehr unabhängige, das heißt, nicht PR-gesteuerte Informationen liefert."
Comment
Gast
Und wo stehen die Genossinnen der taz?
Ich werde mich hüten hier die Namen zu nennen, aber der Hinweis sollte schon gestattet sein:
Alle Fragen ums Soziale werden hier von lediglich einer Hand voll parteiischer Sprachrohre in wecheslseitiger Abhängigkeit weidlich genutzt, um ganz gendergerecht, insbesondere Hetero-Männer als überwiegend gewalttätige, homophobe, unberechenbare und somit unzuverlässige Untermenschen abzustempeln.
Naja, immerhin "Qualitätsjournalist" Th. Gesterkamp (ups!) hat ja jetzt den letzten operativen Schnitt gemacht und wechselte konsequent zur EMMA, um dort seine Maskuphobie auszuleben.
Dem einzig hier namentlich Benannten wünsche ich dort das wohlige Heim, nach dem er sich so lange Jahre sehnte.
Den nicht namentlich Benanntinnen wünsche ich für die Zukunft mehr Realitätssinn!
jan
Gast
Großartig zusammengefasst.
Sehen wir der Tatsache ins Auge: viele Journalisten halten sich für eine unersetzliche Petitionsinstanz, die zwischem dem Hof und den Untertanen vermittelt: dem Volk wird vorgegaukelt, dass der König ein guter Mann sei, und ab und zu, auf den Hofbällen, sagt man dem König, dass er sich doch bitte ein wenig ums Volk kümmern solle.
Sie sehen nicht als das, was sie tatsächlich sind: schäbige Systemnutten und Demokratieverräter.
Beweise? Bitte schön: welcher Verleger und Journalist geht heute noch ins Gefängnis, um den Interessen der Demokratie zu dienen?
Zudem ist Leyendecker heute seine erste wirklich systemrelevante Enthüllung geglückt: er enthüllt sich selbst und stellvertretend alle "Topjournalisten" gleich mit als rückgratlose Hofsänger.
Stuttgart 2001
Gast
"Als was verstehen sich Journalisten heute? Als Kontrolleure oder als Moderatoren der Macht?"
Spießige Dichotomie!
Denn Presse sollte ALLEN, die es wissen wollen, sachliche Informationen liefern. Ja, das würde für ALLE gelten, die "MächtigInnen" ebenso!
Wer bestimmthier denn, dass jemand kontrolliert werden soll? Wer wird hier denn als "mächtig" von wem eingestuft?
Was für eine Hybris!
Ideologiefreie Sachberichterstattung, aus der alle sich über den realen Zustand der Welt informieren können, das wäre - idealerweise - eine einer freien Republik DIENENDE Presse. Alles andere ist mehr oder minder schwerer Missbrauch der Pressefreiheit.
"Wenn zwei Zeitungen wie die taz und der Freitag gemeinsam einen Medienkongress veranstalten, dann werden sie sich also mit dieser Frage befassen müssen: Als was verstehen sich Journalisten heute?"
Man befürchtet und kennt es ja schon von früher, dass sich da die IdeologInnen treffen und nicht die Dienerinnen und Diener der freien Republik.
beate samak
Gast
Gut erkannt und treffend beschrieben.
Die immer auffälligere Verbundenheit von Teilen der journalistischen mit der politischen Klasse, vor allem von führenden und etablierten "Köpfen" beider Seiten ist gruselig.
Teilweise erledigen die Medien die Propaganda für die Regierungspolitik und das alles ganz unverholen.Sehr bedenklich und befremdlich!
Seq
Gast
Der Journalist sollte immer ein objektiver Fremder sein - egal ob es sich um eine Atommüll-Transporten, DVU-Demonstration, Demostration wegen eines Infrastrukturprojektes, Sachbüchern zur demographischen Entwicklungen, oder Veröffentlichungen von Botschaftsdepeschen handelt.
Nur: diesem Anspruch wird die Presselandschaft in Deutschland nicht gerecht, das fängt schon damit an, dass sich eigentlich alle Publikationen irgendwo auf der politischen Landkarte verordnen lassen können - und dies nicht nur in den Kommentaren, sondern auch in den Artikeln. Ein Journalist sollte nicht der Versuchung erlegen, die Welt verbessern zu wollen. Letztendlich ist er (nur) ein Dienstleister, der möglichst objektiv das Zeitgeschehen darstellen sollte. Und, angefangen bei der Welt bis hin zur taz, derzeit schafft das keiner. Schade.
william wolfo
Gast
Hoffen wir, dass der Kongress etwas zur Bewußtwerdung unserer Haltung beiträgt. Mängel in der Haltung - eine Weltanschauung, die uns keine Freiheit gibt.
Wir brauchen mehr Logik in der Weltanschauung, Unabhängigkeit des Menschen von den diesseitigen Mächten. Alles läuft darauf hinaus, ihr wißt schon...
rita poser
Gast
danke für den informativen beitrag. trifft den nagel auf genau den kopf.
während die sz beleidigt argumentiert - wohl weil sie nicht zu den auserwählten medien gehörte - verweisen sie auf die probleme vieler "embedded" journalisten heute - was gern verdrängt wird.
zu viele dienen sich den mächtigen an, siehe anchorman zdf, dafür werden andere von den mächtigen in die wüste geschickt wie der zdf chefredakteur.
Michael
Gast
Kant: AA VIII, Zum ewigen Frieden, S. 381 http://www.korpora.org/Kant/aa08/381.html
II
02 Von der Einhelligkeit der Politik mit der Moral nach dem transscendentalen
03 Begriffe des öffentlichen Rechts.
04 Wenn ich von aller Materie des öffentlichen Rechts (nach den verschiedenen
05 empirisch=gegebenen Verhältnissen der Menschen im Staat oder
06 auch der Staaten unter einander), so wie es sich die Rechtslehrer gewöhnlich
07 denken, abstrahire, so bleibt mir noch die Form der Publicität
08 übrig, deren Möglichkeit ein jeder Rechtsanspruch in sich enthält, weil ohne
09 jene es keine Gerechtigkeit (die nur als öffentlich kundbar gedacht
10 werden kann), mithin auch kein Recht, das nur von ihr ertheilt wird, geben
11 würde.
12 Diese Fähigkeit der Publicität muß jeder Rechtsanspruch haben, und
13 sie kann also, da es sich ganz leicht beurtheilen läßt, ob sie in einem vorkommenden
14 Falle statt finde, d. i. ob sie sich mit den Grundsätzen des
15 Handelnden vereinigen lasse oder nicht, ein leicht zu brauchendes, a priori
16 in der Vernunft anzutreffendes Kriterium abgeben, im letzteren Fall die
17 Falschheit (Rechtswidrigkeit) des gedachten Anspruchs ( praetensio iuris )
18 gleichsam durch ein Experiment der reinen Vernunft sofort zu erkennen.
19 Nach einer solchen Abstraction von allem Empirischen, was der Begriff
20 des Staats= und Völkerrechts enthält (dergleichen das Bösartige der
21 menschlichen Natur ist, welches den Zwang nothwendig macht), kann man
22 folgenden Satz die transscendentale Formel des öffentlichen Rechts
23 nennen:
24 "Alle auf das Recht anderer Menschen bezogene Handlungen,
25 deren Maxime sich nicht mit der Publicität verträgt, sind Unrecht."
26 Dieses Princip ist nicht bloß als ethisch (zur Tugendlehre gehörig),
27 sondern auch als juridisch (das Recht der Menschen angehend) zu betrachten.
28 Denn eine Maxime, die ich nicht darf lautwerden lassen,
29 ohne dadurch meine eigene Absicht zugleich zu vereiteln, die durchaus
30 verheimlicht werden muß, wenn sie gelingen soll, und zu der ich mich nicht
31 öffentlich bekennen kann, ohne daß dadurch unausbleiblich der Widerstand
32 Aller gegen meinen Vorsatz gereizt werde, kann diese nothwendige
33 und allgemeine, mithin a priori einzusehende Gegenbearbeitung Aller
34 gegen mich nirgend wovon anders, als von der Ungerechtigkeit her haben,
35 womit sie jedermann bedroht. - Es ist ferner bloß negativ, d. i. es
36 dient nur, um vermittelst desselben, was gegen Andere nicht recht ist, zu erkennen.
markenware
Gast
Dann wünche ich mal gutes Gelingen und rege Teilnahme von taz-MitareiterInnen.
Ich schaue hier ja nur noch gelegentlich rein, aber für die jüngere Vergangenheit sind zumindest die Damen Gaus und Seeliger Top-Kandidatinnen, denen etwas Reflektion zum o.g. Thema nicht schaden würde.
Walser
Gast
Bei 2,4 Millionen Zugangsberechtigten von Hochverrat zu sprechen, zeigt nur wes Geistes Kind die WikiLeak-Denunzianten sind. Die vornehmen Zitate von Jakob Augstein verwundern aus seinem Munde. Der fundamentalistische Einheitsbrei bei den SZ Journalisten zum Thema Klima, zeugt täglich vom krassen Gegenteil seiner hohen Anforderungen.
Rüdiger Kalupner
Gast
Taz und 'Freitag' können ganz beruhigt ihren Kongress abhalten. Es ist wie in Cancun. Dort Klima-Veränderung, hier Medienlandschaft. Die Wirkung und der angestrebte Erfolg werden ausbleiben. Der Aufwand nutzlos. Und dies ist gut so.
Für evolutionsprozess- und chaosphysikalisch informierte Systemdenker ist es beruhigend zu wissen, dass das gesellschaftliche Schicksal der Menschen n i c h t von den machtstabilisierenden oder machtkritischen Medien oder den Journalisten abhängt, sondern allein von der Qualität der Systemdenker abhängt - genauer von deren operationalen und projektfähigen Erkenntnisstand über das Exodusprojekt, das die sich aufschaukelnde Systemkrise im Weltindustriesystems beenden wird und deren fast-geheime Steuerungs- und Machtspitze-a-la-Rumpelstilzchen stürzen wird.
Der Grund für die Unbedeutendheit der unabhängigen Medienmacher liegt hier: sie wollen oder können den vorhanden Erkenntnisstand der evolutionären Systemdenker nicht nachvollziehen.
pepre
Gast
Guter Artikel. Jetzt stellt noch den Mirror "wikileaks.taz.de" ins Netz, um nicht nur zu reden, sondern auch zu handeln. :-)
Ullrich F.J. Mies
Gast
"Als was verstehen sich Journalisten heute? Als Kontrolleure oder als Moderatoren der Macht?"
Die Frage ist bei den meisten Mitgliedern dieses Berufes längst beantwortet. Viele empfinden rein gar nichts dabei, sich als PR-Fritzen zu verdingen. Sollen sie doch Würstchen verkaufen, da richten sie weniger Schaden an!
Der Journalismus ist grosso modo ein auf den Hund gekommener Berufsstand, angeführt von solchen Leuten wie der von ihnen zitierte Reaktionär Josef Joffe. Aber davon gibt es ja unendlich viele. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Den Mainstream-Journalismus als "Hure der Macht" sollte man zum Wohle der Demokratie zerschlagen.
Die Überschrift sollte also nicht lauten: "Die Pressefreiheit liegt schon im Bett",
sondern: "Die Huren der Presse" Wie Kampf-, Jubel und Hofberichterstattungs-Journalismus Demokratie & Pressefreiheit masakrieren.
Reinhold M.
Gast
Lieber Herr Jakob Augstein.
Danke für diesen würdevollen Artikel.
Es ist angenehm, dies nicht nur zu wissen, sondern auch in einem öffentlichen (Massen)Medium zu lesen.
Dass Sie schon lange nicht mehr schreiben was sie könnten (oder wollen), ob selbstgewählt oder nicht, ist zumindest einem Teil der Bevölkerung vollends bewusst.
Es bliebe viel zu sagen, doch genügt Ihnen, so hoffen wir, ein einfaches "Danke".
Ein Bürger.