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taz-Geschäftsführer über Zeitungskrise„Die Knappheit erhöht den Preis“

Zeitungspapier wird für Verlage immer teurer. Was bedeutet das für die Zukunft von Printzeitungen? Andreas Bull reflektiert.

Die Zeitung von heute ist das Altpapier von morgen Foto: dpa
Interview von Anna Meyer-Oldenburg

taz: Bei der italienischen Tageszeitung Domani hat der Anstieg des Papierpreises Folgen für die Zeitung selbst: Statt hochwertigem 52-Gramm-Papier steigt sie nun gezwungenermaßen auf das leichtere 42-Gramm-Papier um.

Auch die deutsche Zeitungsindustrie bekommt diesen Druck zu spüren. Bran­chen­ex­per­t:in­nen gehen davon aus, dass die Preissteigerung des Papiers hierzulande noch einige Jahre anhalten könnte. Die Papierindustrie schließt meist nur noch Vierteljahresverträge ab. Ist diese Entwicklung der endgültige Marker für das baldige Ende der gedruckten Zeitung?

Andreas Bull: Die Höhe des Papierpreises ist volatiler und unsicherer geworden. Das liegt auch daran, dass der Preis verstärkt von Handelsbeziehungen und Marktentwicklungen abhängig ist, die eine unvorhersehbare Eigendynamik annehmen können. Außerdem ausschlaggebend war die Pandemie: 2020 wurden weniger Zeitungen gedruckt, heißt es gibt weniger Altpapier, das wiederum ein wichtiges Basisprodukt für den Druck neuer Zeitungen bildet. Diese Knappheit erhöht kurzfristig den Preis.

Im Interview: Andreas Bull

Andreas Bull ist Geschäftsführer der taz. Ende Januar 2022 geht er in Rente.

Hinzu kommt, dass viele Branchenunternehmen von Papier auf Pappproduktion umgestiegen sind, weil sie so vom Online-Bestell-Boom profitieren.Aber all diese kleineren Entwicklungen reihen sich nur in einen großen Trend ein. Einen Erdrutsch im Printgeschäft verursacht der Papierpreis, der sich langfristig erhöht, nicht.

Können Zeitungsverlage sich von der Ampelkoalition eine größere Unterstützung erhoffen als von der vorherigen schwarz-roten Regierung?

Die Ampel ist glaubwürdiger, wenn es darum geht zu klären, was genau gefördert werden soll. Denn das Ganze muss man differenziert betrachten: nicht das Anzeigengeschäft, das ein veraltetes Modell ist, braucht weitere Förderungen, sondern kleinere Verlage und der unabhängige Journalismus. Hierfür ist die neue Generation von Po­li­ti­ke­r:in­nen hoffnungserweckender, weil sie näher dran sind an den modernen Problemen des Journalismus, nicht so sehr in alten Strukturen verharren und weniger vom Lobbyismus unter Druck stehen.

Wohin entwickelt sich das Zeitungsgeschäft langfristig?

Im Moment rentiert sich die gedruckte Zeitung als Teilgeschäft noch – weil viele Le­se­r:in­nen die Preise immer noch bezahlen. Für uns als taz lautet das langfristige Ziel aber: Wir wollen hauptsächlich die Redaktion entlohnen und nicht Druck und Vertrieb. Wenn alles digital läuft, zahlt die Kundschaft für die Inhalte und nicht für das Papier, auf dem diese stehen. So kommt am Ende auch mehr bei den Redaktionen an.

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