taz🐾lage:
Wer war zuerst da? Die Kolleg:innen oder das Schoko-Ei?
Am Anfang dieser Woche lag morgens ein Schokobon auf meinem Schreibtisch. Ohne Notiz. Auf keinem anderen Tisch in Sichtweite lag ein solches kleines Schokoei. Seltsam, denn ich war am Tag zuvor eine der letzten, die das Büro verließ, und am Morgen die erste, die wieder da war (das harte Schicksal einer Nachrichtenchefin, ich bitte um Mitleid).
Es bleibt also ein schmales Zeitfenster, in dem nur wenige Kolleg:innen hier waren. Und nach meinem Wissen niemand, der mir einfach so ein Schokobon gönnen würde. Das Plastikpapier knistert, während ich das Schokobon skeptisch zwischen den Fingern rolle. Vincent aus dem sechsten Stock bringt mir manchmal Schokolade vorbei – die mit Earl Grey, weil die dort oben keiner mag. Das ist wirklich nett, aber führt mich zum nächsten Punkt: Wie armselig ist bitte ein einzelnes Schokobon? Wenn mir jemand eine Freude machen wollte, hätte die Person doch eine Tafel Schokolade hingelegt. Oder wenigstens einen Schokoriegel. Aber ein einziges Schokobon? Das ist keine Geste. Das ist eine Provokation!
Und dann auch noch ohne Notiz. Wahrscheinlich wusste die anonyme Person, dass mich dieses Rätsel den halben Tag beschäftigen und von der Arbeit ablenken würde. Es bleibt nur ein Schluss: Das Ziel war, mich zu irritieren. Als die Schokolade in meinem Mund schmilzt, muss ich trotzdem ein bisschen lächeln.
Alexandra Hilpert
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