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szeneNeues auf der Bucketlist

Hin und wieder kommt es ziemlich dick. Das weiß man ja, wenn man sich bereits ein paar Jahrzehnte durchs Leben schlägt. Fußpilz, Kreuzbandriss, Blinddarmfastdurchbruch, Wasserschaden, Schwiegermutter – bislang habe ich alles überlebt. Und mir zudem vorgenommen, meine Negativ-Bucketlist möglichst nicht zu schnell weiter zu füllen.

Vorgestern war ich auf einer Wohnungsvernissageparty in Berlin-Weißensee, und jetzt steht wieder etwas Neues drauf. Weil mir die Fahrt von Friedrichshain aus zu stressig war mit normalem Rad, hat Torsten mich genötigt, sein E-Bike auszuprobieren. Nachdem er mir zehn Minuten lang vorgeschwärmt hat, dass E-Bikes einfach eine der besten Erfindungen seit was-weiß-ich seien. Ich solle es halt einfach mal versuchen. An die Hinfahrt und das Ankommen kann ich mich noch gut erinnern. Dass ich das Rad mit Torstens unknackbarem 50-Euro-Schloss an den kleinen Baum vor dem Haus angeschlossen habe. Und daran, dass ziemlich gute Musik lief und wild getanzt wurde, und ich mich mit Händen und Füßen mit einem Typ aus Kasachstan unterhalten habe – aber das war es dann auch schon. Wenn der Mensch wochenlang keinen Alkohol getrunken hat, sollte er einfach vorsichtig sein. Das ist mir scheinbar nicht sonderlich gut gelungen. Irgendwann haben sich die Bilder an der Wand gedreht und ich muss auf einem Sofa im Nebenraum eingeschlafen sein. Als ich am nächsten Morgen aufwache, duftet es nach frischem Kaffee. Irgendjemand hat nachts netterweise eine Decke über mich gelegt. Leute stehen mit Tassen am Fenster, blicken in den Hof und schütteln ungläubig die Köpfe. Der Student aus Kasachstan fotografiert nach draußen, während die Gastgeberin fassungslos fragt: „Skrupellos, ehrlich. Einfach abgesägt … Aber welcher Penner schließt denn auch sein Rad an so einen kleinen Baum?“ Jochen Weeber

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