stoiber kann warten: Merkel hat sich selbst besiegt
Welche Hoffnung bleibt Angela Merkel noch? In sechs Monaten beginnt das Jahr der Bundestagswahl und spätestens dann muss sich die CDU entscheiden, mit wem sie Schröder herausfordern will. Der Union bleibt ohnehin nur eine Restchance auf Sieg. Da wäre es hilfreich, wenn wenigstens die Kanzlerkandidatin ein paar Erfolge vorweisen könnte. Nur, welche Kanzlerkandidatin? Am Wochenende hat Angela Merkel im Machtkampf mit dem Berliner CDU-Landesverband den Kürzeren gezogen – und ist von der Kanzlerkandidatur weiter entfernt denn je. Ihr gescheiterter Versuch, Wolfgang Schäuble als Spitzenkandidat für die Berliner Landeswahl zu installieren, wird sie noch lange verfolgen. Der Schaden für ihre Autorität ist so gravierend, weil ihre Kontrahenten so schwach waren.
Kommentarvon PATRIK SCHWARZ
Die Berliner CDU hat nach 16 Jahren auf dem hohen Ross so ziemlich alles verloren, was eine Partei verlieren kann: erst ihren Fraktionsvorsitzenden, dann den Koalitionspartner, zum Schluss die Macht. Wann, wenn nicht in einer solchen Situation, müsste es einer Bundesvorsitzenden gelingen, ihre Vorstellungen durchzusetzen?
Einmal mehr stand Merkel im Schatten der Vergangenheit. Helmut Kohl hatte sich demonstrativ mit Frank Steffel zum Mittagessen getroffen und damit Merkel wie Schäuble einen Tritt verpasst. Die Vorsitzende selbst muss sich vorhalten lassen, dass sie ihren Vorgänger Schäuble anfangs nur widerwillig unterstützte.
Was Merkel durch Berlin an Autorität verloren hat, kann sie durch Berlin nicht wieder gutmachen. Im Landes-Wahlkampf ist für die Bundesvorsitzende nicht viel zu holen. Verliert die Partei unter Steffel, wird ihr mangelnde Unterstützung vorgeworfen. Erzielt Steffel ein passables Resultat, wird er als Erneuerer der Berliner Christdemokraten gelten. Für Merkel ist dann auf den Siegerfotos nur ein Platz am Bildrand übrig.
Wenn die CDU-Vorsitzende wenigstens verhindern will, dass ein Erfolg von Steffel den Hardlinern in der Union gutgeschrieben wird, hat sie nur eine Option: sie muss die Landes-CDU und deren Spitzenkandidaten von einem Wahlkampf mit Schablonen aus dem Kalten Krieg abhalten. Sonst gewinnt in Berlin ein Bayer: Edmund Stoiber. Rettet nämlich Frank Steffel mit einem Wahlkampf der Konfrontation die CDU, haben Stoibers Anhänger in der Union einen Grund mehr, ihn 2002 auf den Schild zu heben. Für den Berliner Wahlkampf gilt darum: Merkel muss strampeln, Stoiber kann warten.
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