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stimmen zum marsch der zapatisten

Prozession oder demokratisches Referendum?

Carlos Monsiváis (linksliberaler Intellektueller, in der Zeitschrift Proceso): „Die Zapatisten, überwiegend männlich, sehen anders aus [...] als die vor sieben Jahren, denen die Triebfedern der Aggressivität noch sehr locker saßen, wie jungen Panthern. Sie haben ihre Körpersprache und ihr Tempo geändert. Was man aber am wenigsten erwartet, ist der Blick. Die jungen Männer schauen und nehmen es hin, angeschaut zu werden, und vermitteln so das Gefühl von etwas Neuem: Sie betrachten sich nicht mehr als die ewig Ausgeschlossenem aus dem fremden Blick.“

Denise Dresser (Kolumnistin der rechtsliberalen Tageszeitung Reforma): „Der Subcomandante Marcos sagt: ‚Wir sind nicht mehr alleine.‘ Da hat er Recht. Die Karawane ist keine rein mexikanische Angelegenheit mehr. Chiapas zieht Revolutionstouristen und eklektizistische Europäer an, wandernde Idealisten und wichtigtuerische Journalisten, engagierte Intellektuelle und wütende Indios. Hier und in Mailand sind alle Marcos.

Enrique Krauze (rechtsliberaler Historiker, in der Zeitschrift Proceso): „Wenn der Marsch im Grunde eine Prozession ist, [...] dann wird der Saldo dieser aufgeregten Tage nur Frustration und Groll sein. Daraus kann dann etwas sehr Beunruhigendes entstehen, nämlich eine Parallelmacht zu der demokratischen Autorität, die wir Mexikaner uns gegeben haben, die eines Erlöser-Guerilleros: Marcos. Wenn der Marsch ein demokratisches Referendum wird, [...] dann kann der Saldo sehr positiv und sogar erfrischend sein.“

Ignacio Ramonet (Chefredakteur von Le Monde diplomatique, in der Tageszeitung La Jornada): „Die EZLN war der erste Protest gegen die Globalisierung, der zweite war Seattle, aber sechs Jahre danach. Marcos ist eine der wenigen international bekannten Politiker, die eine Analyse der Globalisierung machen und die die Macht an ihrem wahren Platz verorten, nämlich bei den Finanzmächten.“

Rafael Segovia (Politologe, in der Zeitung Reforma): „In den Autobussen stapeln sich die Schiffbrüchigen einer Linken, die ihren Niedergang in der Sowjetpolitik begann und sich in unendlichem Röcheln immer wieder aufbäumt.“

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