steuerpolitik: Nie zuvor war Sparen so günstig
Blut, Schweiß und Tränen zu verlangen – nein, das wäre nicht der Stil rot-grüner Politik. Niemals würde der Kanzler sein Tun so martialisch begründen. Bei ihm klingt das chirurgischer. Zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen sagte Schröder, es werde „Sparoperationen geben“.
Kommentar von CHRISTIAN FÜLLER
Schröders Operationen laufen freilich auf das Gleiche hinaus wie „Blut, Schweiß und Tränen“. Um ihre Zahlungs- und Politikfähigkeit zu sichern, müssen SPD und Grüne den Haushalt um gewaltige Summen kürzen. Um 10 Milliarden Euro soll der Bundeshaushalt schrumpfen – das größte Sparpaket der deutschen Geschichte. Bis jetzt gibt es keinen Aufschrei dagegen.
Warum nicht? Weil sich die Koalition eine Art Vorabzustimmung zu ihrem Sparetat ergaunert hat. Zunächst malten zwei SPD-Ministerpräsidenten das Schreckensszenario höherer Steuern an die Wand. Über das letzte Wochenende schossen die Steuern geradezu ins Kraut – sechs verschiedene Steuerarten waren plötzlich Erhöhungskandidaten. Die Wirtschaft, die Opposition, die Springer-Medien reagierten entsetzt: „Das ist Wahlbetrug, Herr Schröder!“
Dem Kanzler aber nutzte das Entsetzen. Er beendete die Steuererhöhungsdebatte mit einem Machtwort – und gewann dadurch Sympathien für seine Sparoperationen. Nie vorher war diese Zustimmung so billig zu haben. Wenn die Steuern nicht erhöht werden dürfen und zugleich der Schuldenabbau Markenzeichen der Regierung bleiben soll, dann bleibt gar nichts anderes übrig, als die Ausgaben zu senken, sprich: zu sparen.
Kann Rot-Grün überhaupt sparen? Darf eine Mitte-links-Regierung haushälterische Grausamkeiten auch auf sozialem Gebiet begehen? Eigentlich nicht. Aber niemand ist besser berufen, Einschränkungen etwa bei der Sozialhilfe halbwegs sozialverträglich umzusetzen. Als Stoiber im Wahlkampf auch nur andeutete, den Flächentarif nicht respektieren zu wollen, da tobten die Gewerkschaften. Schröder hingegen ködert jetzt die gleichen Gewerkschaften, indem er verspricht, Steuer-„Privilegien“ abzubauen – und zwar gerecht.
Die Ironie der Geschichte liegt darin, dass – nach einer Schamfrist – die Steuerlast dennoch steigen wird. Die klammen Landesfürsten können gar nicht anders – sie brauchen die Vermögensteuer, deren Einnahmen ihnen zustehen. Nordrhein-Westfalens Wolfgang Clement von der SPD hat gestern bereits damit begonnen. Die CDU-Ministerpräsidenten werden ihm – nach einer weiteren Schamfrist – folgen.
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