standbild: Rothkäppchen und der böse Ölprinz
Friedman
(Mi., 23.00 Uhr, ARD)
Wer beim Zappen an „Friedman“ kleben bleibt, dem leuchtet jäh ein, warum die Satirezeitschrift Titanic den studierten Juristen nur noch „Ölprinz“ nennt. Als der CDU-Funktionär und Vizepräsident des Zentralrats der Juden noch beim Hesssichen Fernsehen talkte, hieß die Sendung durchaus treffend „Vorsicht! Friedman“. Politische Gespräche „ohne Floskeln“ sollten da geboten werden. Seit er seine Gesprächspartner für die ARD in die Mangel nimmt, wurde die titelgebende Warnung fallen gelassen. „Vorsicht!“ ist umso mehr geboten.
Als er am Mittwoch mit Claudia Roth die frisch gebackene Vorsitzende der Grünen gleichsam als Leckerbissen auf dem Silbertablett serviert bekam, da war in jeder Minute der halbstündigen Sendung spürbar, wie sich Friedman ein Gespräch „ohne Floskeln“ so vorstellt: Jeden einzelnen Satz der armen Frau begleitete er mit maliziösem Grinsen, um ihn mit einer wegwerfenden Handbewegung noch vor dem Ende zu unterbrechen. „Nachhaken“ nennt man das wohl im TV-Journalismus, am Stammtisch heißt’s „in die Parade fahren“ und laut Knigge schlicht „flegelhaftes Benehmen“. Aber hey, wir sind hier im Fernsehen. Und die Gelegenheit, eine Parteivorsitzende zu demontieren, die bietet sich nicht alle Tage. Also zur Sache, Schätzchen! Ob sie denn Jürgen Trittins jüngsten Fehltritt verurteilt, will Friedman von Roth wissen: „Ja oder nein!“ Ob denn Castor-Transporte diesmal wieder blockiert werden sollten: „Ja oder nein!“ Ob denn die Grünen nun eine Kriegpartei sind: „Ja oder nein!“ Ob sie ihre Ideale verraten habe: „Ja oder nein! Och kommen Sie, Frau Roth, ich habe Ihnen eine ganz einfache Frage gestellt!“
Dass gerade einfache, interessante Fragen bisweilen nicht ganz einfach beantwortet werden können, weiß Friedman genau. Dass er der tapferen Roth systematisch und nach allen Regeln männlichen Dominanzverhaltens das Wort abschneidet, entspricht dem Selbstverständnis des Gecken: Härter geht’s nirgends zu, bravo, aber leider auch nicht selbstgefälliger. Wer im Brockhaus unter „Eitelkeit“ nachschlägt, der müsste dort eigentlich auch ein Bild vom Ölprinzen entdecken. ARNO FRANK
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen