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schröder im ostenFalscher Dreiklang

Der Dreiklang erfreut unser Ohr, er bildet ein harmonisches Ganzes. Diesen Effekt hatte der Bundeskanzler im Sinn, als er anlässlich seiner Reise in die neuen Länder vom „Dreiklang des Kampfs gegen den Rechtsradikalismus“ sprach: Härte des Gesetzes plus berufliche Perspektiven für die Jugendlichen plus zivilgesellschaftliches Engagement der Bürger. Aber manche Dreiklänge hören sich einfach zu glatt an. Schröders Hallescher etwa suggeriert eine wohl abgewogene, durchdachte Strategie, wo in Wirklichkeit nur Propagandaeffekte am Werk sind.

Kommentarvon CHRISTIAN SEMLER

Nichts kommt der politischen Routine dieser Tage billiger, als das Engagement der Bürgergesellschaft anzumahnen. Und dies umso mehr, wenn die Wurzeln der Teilnahmslosigkeit der Bürger vor allem im Osten angesichts neonazistischer Gewalt im Dunkeln gelassen werden. Gesellschaftliche Ursachen von Ohnmacht werden so unter der Hand in moralische Defekte verwandelt. Und man selbst, stets umringt von einer wohl trainierten Leibwache, kann leichthändig Bürgermut einfordern.

Jugendlichen zu einer Ausbildung zu verhelfen ist lobenswert. Aber eine Lebensperspektive schließt außer Jobs auch die Zuversicht ein, in einer gespaltenen Gesellschaft auf Solidarität rechnen zu können. Je schwächer die linke Strategie der Solidarität, desto stärker die Pseudosolidarität der Rechten, die sich auf Nation und Rasse gründet. Schröders neue Mitte hat dort, wo Solidarität ihren Platz haben müsste, ein Loch hinterlassen.

Erst wenn dieses Loch gefüllt ist, ist es für den Staat sinnvoll, Härte zu zeigen – nicht als Ausdruck seiner Stärke, sondern als Haltung einer Institution, die Bürger und Menschenrechte verteidigt, wo immer sie in Gefahr sind. Zwischen der Bürgergesellschaft und dem Staat gibt es eine schwierige Beziehung, die so entwickelt werden muss, dass keiner seine Verantwortung auf den anderen abwälzt, aber die Staatsgewalt sich stets auf die antirassistischen Netzwerke der Bürger bezieht. Das funktioniert nicht nach dem Prinzip des Akkords, den man einfach anschlägt. Es geht um Lernprozesse, nicht um Wohlklang.

Aber so entsteht nun mal politische Strategie: aus Tageskalkülen der Selbstdarstellung. Vorgestern hatte man nicht vor, einen Kranz am Grab von Alberto Adriano niederzulegen. Gestern, nach dem Urteil von Halle, schien das keine schlechte Idee zu sein. Und morgen, nach dem nächsten Opfer, kann man es sich wieder anders überlegen. Es geht ja nur um Symbole.

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