schnittplatz: Expo who?
Was war da noch gleich in Hannover, Germany? Die erste Expo „auf deutschem Boden“, wie die Agenturen immer wieder verbittert anmerken, dümpelt am Rande des öffentlichen Interesses vor sich hin. Die Veranstalter versprachen Superlative und Innovationen in Kultur, Wissenschaft und Unterhaltung. Aber knapp vier Wochen nach ihrer Eröffnung scheint die Expo weltweit keinen Journalisten geschweige denn Besucher mehr hinter dem Ofen hervorzulocken. „Minimal“, wenn überhaupt, berichteten ausländische Medien über die Supershow, die sich immerhin „Weltausstellung“ nennt, das hat die Nachrichtenagentur dpa in einer Umfrage herausgefunden. Warum auch: Die USA ist nicht vertreten und ignorieren die Expo inzwischen fast komplett, bis auf milde Internetseiten-Kenntnisnahme des prinzlichen Fauxpas.
Die Ausstellung sei ein Flop, der die deutsche Regierung schwer belasten werde, das meinen die Briten. Es gäbe „viel zu sehen, aber wenig zu tun“, schreibt der Independent, und ignoriert das urbritische „Abwarten und Tee trinken“. Die Dänen finden angeblich mehr „Wissen über die Zukunft“ in ihrer „örtlichen Stadtbücherei“, die Tschechen haben nach dem Auftritt der goldenen Stimme aus Prag, Karel Gott, ihr Interesse verloren, und polnische Familien finden’s bei einem Durchschnittseinkommen von 900 Mark pro Monat schlichtweg überteuert. Auch eine ungarische Wirtschaftszeitung fragt sich, ob das kulturelle und wissenschaftliche Konglomerat sein Geld wert sei.
Nur Kenia berichtet munter weiter, wenn auch mit Vorliebe über den undichten Welfenprinzen, der dort übrigens nicht nur ein Urlaubsdomizil sein fürstliches Eigen nennt, sondern nach einer Strandschlägerei im Januar mit einem Hotelier von vielen als Anwalt der kleinen Leute verehrt wird. Vielleicht ergeben sich so für den gebeutelten Adeligen ganz neue Exilaussichten. Neutrale Möglichkeiten, die Ausstellung wieder ins Gesichtsfeld der Weltenbürger zu rücken, ohne den einen oder anderen Expo-Pavillon unziemlich zu missbrauchen, werden dagegen noch gesucht. JZ
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