schnittplatz: Spaßguerilla
Wahlslogans der Parteien sind immer eine Herausforderung an Fantasie und Humor der politischen Gegner. So wie in Deutschland spielt auch in Österreich das Internet erstmals eine wahrnehmbare Rolle im Wahlkampf. Es dient nicht nur der Selbstdarstellung der Parteien und Ankündigung von Veranstaltungen. Die Anonymität der Seiten erlaubt auch manch perfiden Schuss aus dem Hinterhalt.
So geistert eine Persiflage auf das Plakat der SPÖ „Entweder ein Abfangjäger oder 10.000 neue Lehrstellen“ durch das Netz: „Entweder 1 Bundeskanzler, oder das Gruselkabinett“, heißt es dort. Neben einem Foto des SPÖ-Spitzenkandidaten grinsen, wenig vorteilhaft, Grünen-Politiker hervor. Allen voran der Skandalaufdecker Peter Pilz, der Gottseibeiuns für die Konservativen.
Die Gegner geben sich verspielter. So bietet eine Website eine Bastelanleitung für ein rot-grünes Schreckgespenst. „Liebe Kinder! Habt ihr es auch langsam satt, dass von den Märchenonkeln und -tanten in der Regierung immer das rot-grüne Schreckgespenst an die Wand gemalt wird? Warum immer an die Wand malen? Vandalismus! Wände beschmieren, pfuiii! Dabei reichen ein Blatt Papier und ein paar Wachsmalkreiden.“
Auch die Sozialistische Jugend persifliert unter www.tschuessel.at den Wahlkampf der schwarz-blauen Regierung. Unter dem Titel „Integration statt Überfremdung“ heißt es dort in Anspielung auf die Verschärfung der Fremdengesetzgebung: „Wir brauchen keine Wirtschaftsflüchtlinge, die wir durchfüttern müssen Andererseits braucht unsere Wirtschaft, bis die Disziplinierungsmaßnahmen für die eigenen Arbeitskräfte greifen, Leute die viel Dreckarbeit für wenig Geld machen. Ein gewisses Minimum an bloßfüßigen Kümmeltürken ist deshalb leider unumgänglich. Aber damit die nicht machen was sie wollen, haben wir den Integrationsvertrag geschaffen.“
Zu einem altmodischen Mittel griff eine linke Gruppe. Auf einer Bezirksveranstaltung der FPÖ verteilte sie manipulierte Flugblätter, auf denen die FPÖ dazu aufruft, den Stimmzettel mit dem Zusatz „für einen Vizekanzler Schüssel“ oder „für eine dritte Republik“ zu ergänzen, was natürlich den Effekt hätte, dass FPÖ-Stimmen ungültig wären.
RALF LEONHARD
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