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ron sommer wegDer Popstar der Wirtschaft

Telekomchef Ron Sommer ist gestern Nachmittag zurückgetreten. Und kurz nachher regelte der Aufsichtsrat auch die Nachfolge mit einem bisherigen Telekom-Vorstandsmitglied und einem Alt-Aufsichtsrat. Allein schon, dass die Repräsentanten von Aktionären und Belegschaft – allen voran die Vertreter der Bundesregierung – einem alleine die Nachfolge Sommers nicht zugetraut haben, spricht Bände. Die beiden neuen Herren werden denn auch nur als Übergangskandidaten gehandelt, bis sich endlich ein Kandidat mit dem nötigen Format findet, um den arg beschmutzten Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen.

kommentarvon REINER METZGER

Mit Ron Sommer geht eine zwiespältige Figur. Spätestens seit dem Streit um seinen Abgang ist er zum einzigen Popstar der deutschen Wirtschaft geworden. Aufstieg und Fall, klassisch wie im Drehbuch: Hoffnungsfigur der Privatisierung und genialer Verkäufer, später dann angefeindeter Blender und Spielball zwischen Politblöcken, denen er beim angeschlagenen Zustand der Telekom einfach nicht mehr gewachsen sein konnte. Dass Sommer nun offiziell freiwillig zurücktritt, erspart der Regierung ein weiteres Hickhack.

Seine beiden Nachfolger übernehmen einen überschuldeten Konzern mit einigen Bomben in der Bilanz. Das ist derzeit in der Branche der Normalfall, wäre aber bei der Telekom trotzdem nicht nötig gewesen. Denn was immer Sommers Verdienste waren, er hat sich zu sehr mittragen lassen vom Branchenrausch der immer währenden rasanten Expansion. Über 100 Milliarden Euro für Investitionen in den letzten drei Geschäftsjahren – der Größenwahn solcher Zahlen hätte eigentlich jedem bei der Telekom auffallen müssen. Jetzt können die beiden Neuen nur eisern sparen und darauf hoffen, dass sie mit Unternehmensverkäufen oder einer Notfusion etwa der US-Tochter Voicestream die Verluste in Grenzen halten.

Verlustbegrenzung ist auch im Lager der Bundesregierung angesagt. Nachdem das Finanzministerium ebenso wie die Industrievertreter im Aufsichtsrat jahrelang versagt haben, haben sie mit dem öffentlichen Sommer-Debakel dem Ganzen die Krone aufgesetzt. Da mag der ganze Telekomzauber von der Opposition kräftig angefacht worden sein oder nicht – Schuld hat immer der Handelnde und nicht der Kritiker. Da können die Herren der SPD nur auf einen umgekehrten Sommer-Effekt hoffen: Wer zwei Monate vor der Wahl so im Staub liegt, der kann noch zum Helden aufsteigen. Und wenn’s als Aschenputtel ist.

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