reisenotiz: Autobahnpiraten
Hunderte von Touristen werden jährlich an Spaniens nördlicher Mittelmeerküste, an der A7 zwischen Barcelona und Valencia, überfallen. Bei den Tätern handelt es sich hauptsächlich um organisierte Banden aus Peru. Die Täter tragen meist Stiefel mit einem eingearbeiteten Nagel. Sie schlendern zwischen den geparkten Pkws, ein schneller Tritt und wieder ist ein Opfer vorbereitet. „Die Luft entweicht langsam. Der Platten macht sich meist erst ein paar Kilometer weiter bemerkbar“, weiß der deutsche Honorakonsul in Valencia, Wolfgang Buch, zu berichten. Und gleich sei ein freundlicher Helfer zur Stelle. Ehe er sich vorsehe, sei der Urlauber auch schon ausgeraubt. Allein bei den deutschen Konsulaten melden sich im Schnitt täglich zwei Opfer.
Die Problematik ist sowohl den deutschen als auch den spanischen Behörden bekannt. So hat das deutsche Konsulat in Barcelona dem Auswärtigen Amt in Berlin vor wenigen Wochen einen Bericht vorgelegt. Hoffnung auf Besserung hat niemand. „Das wird dieses Jahr wie jedes Jahr sein, obwohl die spanische Polizei ihre Wachsamkeit erhöht hat“, verlautet es aus diplomatischen Kreisen in Madrid. Das Problem ist das spanische Justizsystem. Die Mühlen malen langsam. „Bis es zu einem Verfahren kommt, ist der Tourist längst wieder weg“, sagt Honorarkonsul Wolfgang Buch, der immer wieder Opfer der Autobahnpiraten betreuen muss. Die Diebe werden deshalb mangels Beweisen meist auf freien Fuß gesetzt. Ihm sind Fälle von Peruanern bekannt, die 18-mal Bekanntschaft mit dem Richter machten und dennoch weiterhin ihrem Gewerbe nachgehen. Trotz der Zivilstreifen auf den Raststätten wird kaum jemand auf frischer Tat ertappt. Die Automobilclubs empfehlen ihren Mitgliedern, falls sie einen „freundlichen Helfer“ bemerken, das Handy zur Hand zu nehmen und so zu tun, als ob sie die Autonummer der Helfer durchtelefonieren. Das funktioniert meistens.
REINER WANDLER
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