: "Liebe taz..." Hospizarbeit in Bremen -betr."Moderne Sterbekultur", taz-Bremen vom 16.11.1998
„Moderne Sterbekultur“, taz vom 16.11.
Am Wochenende 13./14.11 fand in der Glocke der erste Palliativ-Kongreß Bremens statt. Die Vorträge, die hier zu Thema „Schmerzlinderung bei sterbenskranken Menschen“ angeboten wurden, trafen auf ein Thema, das wir Menschen verdrängen, nach dem Motto: „So weit bin ich doch noch nicht.“ Oder nach der Vogel-Strauß-Politik: „Das geht mich nichts an.“
Insofern zeigte die Podiumsdiskussion klar auf, daß wir in Bremen dringend eine Kooperation zwischen Kassen, Ärztekammern, Krankenhäusern, Pflegediensten und ehrenamtlichen HospizmitarbeiterInnen brauchen.
Ich möchte klarstellen, daß es in Bremen einen Verein gibt, der sich für die Hospiz-Arbeit einsetzt. In Bremen gibt es die Hospizhilfe Bremen e.V., bei der ich ehrenamtlich arbeite, Hospiz Horn e.V., den Kooperationsverbund mit Beratungsstellen in Bremen-Nord, Bremen-West, Bremen Links der Weser, Bremen Osterholz und den Hospizverein.
Wir alle, und nicht nur der bei der Podiumsdiskussion vertretene Hospizverein, setzen uns für eine menschenwürdige Begleitung von schwerst- und sterbenskranken Menschen in Bremen ein. Die Arbeit der Ehrenamtlichen, die auf ihre Tätigkeit durch intensive und tiefgehende Ausbildung gut vorbereitet sind, geschieht für die Betroffenen kostenlos. Wir finanzieren uns durch leider nicht sehr hohe Senatsmittel und vorwiegend aus Spenden.
Frau Schöller-Stindt hat in der Podiumsdiskussion auf dem Palliativ-Kongreß für die gesamte Hospiz-Arbeit in Bremen gesprochen. Der Artikel erweckt den Eindruck, als ob die geleisteten ehrenamtlichen Hospiz-Stunden der MitarbeiterInnen sich nur auf den Hospizverein beziehen. Das ist nicht richtig. Zur Information über die Leistung der Hospizhilfe Bremen e.V. zitiere ich aus deren Jahresbericht: 1997 wurden 78 überwiegend an Krebs erkrankte Menschen begleitet. 37 Begleitungen erstreckten sich über neun Monate, bei etwa 17 Begleitungen wurde wegen der Intensität der Familienunterstützung ein/e zweite/r Hospiz-MitarbeiterIn eingesetzt. Die MitarbeiterInnen wurden überwiegend überregional tätig. 1997 fielen an zeitlichem Begleitaufwand 12.636 Stunden an. Multipliziert mit 35 Mark ergibt sich ein ehrenamtlich erbrachter Wert in Höhe von 442.260 Mark.
Bei der im Artikel angegebenen Mitarbeiterzahl von rund 100 gehören allein 55 ehrenamtliche Mitarbeiter zur Hospizhilfe Bremen e.V. Mit ist wichtig herauszustellen, daß es in den Bremer Stadtteilen regionale Hospizangebote gibt. Die Beratungsstelle der Hospizhilfe Bremen befindet sich an der Domsheide 2, Tel.: 32 40 72.
Unsere Arbeit, die sich für eine bestmögliche Schmerztherapie schwerst- und sterbenskranker Menschen einsetzt, die Mut machen will, den Tod als einen Teil des Lebens anzunehmen und menschenwürdiges Sterben ermöglichen möchte, wird meiner Meinung nach in unserer Gesellschaft viel zu wenig gewürdigt. In diesem Zusammenhang habe ich auch vermißt, daß der Palliativ-Kongreß im Vorfeld einer breiten Öffentlichkeit nahe gebracht worden wäre. Dieser Kongreß hätte für jedermann Denkanstöße für den Umgang mit der eigenen Endlichkeit – in welcher Form auch immer – bieten können.
Regina Heygster, Vorstand der Hospizhilfe Bremen e.V.
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